Object: Geschichte des Mittelalters (Hälfte 1)

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DieZuuftverfassuug war im 13.Jahrhundert noch wenig ausgebildet. 
Der Eintritt in das Amt stand jedem offen, der das Handwerk verstand und 
es ausüben wollte. Schwierigkeiten wurden, wie erwähnt, bei der Aufnahme 
nicht gemacht, da die Zunft im Gegenteil ein Interesse daran hatte, daß 
niemand sich der Beaufsichtigung seines Handwerksbetriebes entzog. Übrigens 
war in manchen Städten auch Bürgern, welche vom Handwerk nichts ver- 
standen, gegen eine geringe Aufnahmegebühr der Eintritt in die Einung ge- 
stattet.1) Die Abgabe wurde zumeist in barem Gelde gezahlt, hier und 
da gesellte sich dazu noch eine Naturalabgabe in Wachs, welches zu Kirchen- 
zwecken verwendet ward; die Höhe der Eintrittsgebühr war in den verschiedenen 
Städten und in den einzelnen Gewerben ganz verschieden bemessen.2) Von 
derselben erhielt die Zunft die eine, die Stadt die andere Hälfte, oder jene 
zwei Drittel, diese ein Drittel; hier und da bekam auch wohl der Meister 
einen Anteil. Die Zunft war erblich; Söhne und Töchter, sowie die Schwieger- 
söhne der Zunftgenossen erlangten dieselbe entweder ohne jede Aufnahme- 
gebühr oder gegen eine geringere Abgabe. Auch den Frauen war der Ein- 
tritt in die Zunft nicht verboten.3) Die Zugehörigkeit zu dem einen Ver- 
bände schloß die Teilnahme an einem andern nicht aus. Wer mehrere Hand- 
werke zugleich ausübte — und das war bei der geringen Arbeitsteilung jener 
Zeit nichts Seltenes —, der mußte natürlich auch den entsprechenden gewerb- 
lichen Einungen angehören. Gegen einander waren die einzelnen Gewerbe 
noch wenig abgegrenzt; in derselben Zunft finden sich oft verschiedene Hand- 
werke vereinigt. Die Schlosser verrichteten zugleich Schmiedearbeit, die Gerber 
waren oft zugleich Schuhmacher, die Goldschmiede zugleich Münzer. In 
Regensburg traten um 1244 die Karduaner (Schuhmacher), Zimmerleute 
und Schreiner zu einer Einung zusammen, über welche nur ein Meister die 
Aufsicht führte;4) in München bildeten im 13. Jahrhundert Tuchscherer und 
Schneider eine Zunft, Weber, Loder und Tuchmacher eine zweite; in Basel 
enthielt die Zunft der Spinnwetter auch die Maurer, Gipser, Zimmerleute, 
Faßbinder, Wagner und Wannenmacher 2c.5) Daß man innerhalb der Ge- 
werbe selbst schon mehrere Zweige desselben Gewerbes unterschied, lehren 
die verschiedenen Bezeichnungen, mit denen man die einzelnen Arbeiten be- 
nannte; doch wurde an eine ängstliche Abgrenzung, die das Merkmal des 
späteren Zunftwesens ist, noch nicht gedacht. 
Das Lehrlings- und Gesellenwesen war im 13. Jahrhundert noch 
in seinen ersten Anfängen. Von keinem Handwerker wurde gefordert, daß 
er in einer bestimmten Lehrzeit sich die zum Gewerbebetrieb nötige Hand- 
fertigfett erwürbe; es genügte, wenn er sie hatte, und niemand fragte danach, 
auf welchem Wege er dazu gekommen sei. Das schließt nicht aus, daß Knaben, 
welche das Handwerk erlernen wollten, bei einem der Zunstgenossen zur 
Lehre gingen. Nach dem Augsburger Stadtrecht von 1276 waren diese 
„Lehrkinder" dem Meister unterworfen, der das Recht hatte sie zu züchtigen, 
aber ihnen keine Wunden schlagen durfte.6) Auch von der Existenz von 
1) Stieda 113. In Straßburg konnte man sich bei den Bäckern die halbe 
Einung kaufen; doch geben die Quellen keine Auskunft darüber, welche Rechte mit 
dem Erwerb der halben Zunft verbunden waren. Stieda vermutet, man habe 
den Bürgern, welche die Absicht hatten, das Handwerk zu erlernen, den Eintritt 
in die Zunft gewährt, um ihnen ihr Vorhaben zu erleichtern. 2) Stieda 114. 
3) Stieda 116. 4) Stieda 118. 5) Stieda 119. 6) Stieda 122.
	        
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