Full text: [Teil 5 = Obertertia, [Schülerband]] (Teil 5 = Obertertia, [Schülerband])

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44. .‘polst! und-Halloy 
von den Römern gelernt; nachher erscheint er als ein Stück 
der Kultur, die dem in den germanischen Gauen vordringen¬ 
den Christentum folgte und es förderte und stützte. Darauf 
fällt ein erwünschtes Licht durch einen nicht lange erst ge- 
6 fundenen merkwürdigen althochdeutschen Spruch von einem 
Brückenbau, worin erzählt wird, wie Donar, auf Adämes 
prucche stehend den stein schitöta zi wite, d. h. spaltete 
wie Scheite zu Brennholz (witu), wie aber Christus, der 
hier merkwürdig genug nicht so, sondern Adämes sun (ent- 
10 sprechend dem noch merkwürdigeren Adämes pruccha) ge¬ 
nannt wird, dazu kam und den Bau schützte, indem er des 
tieveles sun vertrieb und zuo der stüdon sluog. 
Darin ist uns vermutlich ein wirklicher Vorfall über¬ 
liefert aus der Zeit des Kampfes zwischen Christentum und 
15 Heidentum. Es wird von Christenhand eine Brücke gebaut, 
und zwar von Stein (wären es auch nur die Pfeiler), sei 
es am Main oder so. Die noch heidnischen Anwohner jen¬ 
seits wollen sie aber nicht dulden, suchen sie zu zerstören, 
werden jedoch von den christlichen Germanen diesseits zurück- 
20 geschlagen. Das ist hier in den mächtigen, einfältig hohen 
Stil gefaßt, in dem die älteste Zeit dichterisch dachte; es ist 
wie aus Priestermund, in altgermanischer Kunst, aber nun 
im Dienst des Christentums; der alte Landesgott Donar, 
der dabei merkwürdig genug noch seine alten preisenden Bei- 
26 namen erhält — Donar dietewigo, dietmahtiger usw. — will 
die Brücke durch seinen Blitz vernichten, der neue mächtigere 
Christengott aber erscheint und schlägt ihn zurück in den Wald 
(zuo der stüdon), wohin er gehört, nicht mehr in das neu¬ 
angebaute Land, das mit dem neuen Glauben auch der Kultur 
30 erschlossen wird. Bei dem Kampfe um den Bau wurden je 
beide von ihren Bekennen: angerufen, als gegenwärtig gedacht; 
sie taten eigentlich, was geschah. 
Warum aber die Heiden drüben die Brücke nicht wollen, 
statt sich ihrer zu freuen? Wohl, weil eben mit ihr Christen- 
35 tum und Kultur und Waldverwüstung, die sie auf der an¬ 
deren Flußseite sahen, auch bei ihnen nun eindringen wollte. 
Vielleicht wurden damit auch Rechte und Einkünfte, die an 
der Fähre oder Furt hingen, gekränkt. Denn Donar scheint
	        
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