Full text: (Für die sechste Klasse) (Abteilung A, [Schülerband])

Wie eine deutsche Fürstin ihre Untertanen zu schützen wußte. 15 
die Schloßpforten wohl zu verriegeln; sie selbst begibt sich wieder nach 
dem Saale, wo die Fürsten noch bei Tische sitzen. hier klagt sie ihnen 
in den beweglichsten Ausdrücken, was ihr eben hinterbracht worden 
und wie schlecht man das gegebene Kaiserwort gehalten. Man erwidert 
ihr mit Lachen, daß dies nun einmal Kriegsgebrauch sei und daß bei 
einem Durchmarsch von Soldaten dergleichen kleine Anfälle nicht zu 
verhüten ständen. 
„Das wollen wir doch sehen!" antwortete sie aufgebracht. „Meinen 
armen Antertanen muß das Ihrige wieder werden oder bei Gott!" 
— indem sie drohend ihre Stimme anstrengte — 
„Fürstenblut für Ochsenblut!" 
Mit dieser bündigen Erklärung verließ sie das Zimmer, das in 
wenig Augenblicken mit Bewaffneten erfüllt war, die sich, das Schwert 
in der Land, doch mit vieler Ehrerbietigkeit, hinter die Stühle der 
Fürsten psianzten und das Frühstück bedienten. Beim Eintritt dieser 
kampflustigen Schar veränderte Herzog Alba die Farbe; stumm und 
betreten sah man einander an. Abgeschnitten von der Armee, von einer- 
überlegenen, handfesten Menge umgeben, was blieb ihm übrig, als sich 
in Geduld zu fassen und, auf welche Bedingung es auch sei, die be¬ 
leidigte Fürstin zu versöhnen! 
Heinrich von Braunschweig faßte sich zuerst und brach in ein lautes 
Gelächter aus. Er ergriff den vernünftigen Ausweg, den ganzen Vor¬ 
gang ins Lustige zu kehren, und hielt der Gräfin eine große Lobrede 
über ihre landesmütterliche Sorgfalt und den entschlossenen Mut, den 
sie bewiesen. Er bat sie, sich ruhig zu verhalten, und nahm es aus sich, 
den Herzog von Alba zu allem, was billig sei, zu vermögen. Auch 
brachte er es bei dem letzter» wirklich dahin, daß er auf der Stelle 
einen Befehl an die Armee ausfertigte, das geraubte Vieh den Eigen¬ 
tümern ohne Verzug wieder auszuliefern. Sobald die Gräfin von 
Schwarzburg der Zurückgabe gewiß war, bedankte sie sich aufs schönste 
bei ihren Gästen, die sehr höflich von ihr Abschied nahmen. 
Ohne Zweifel war es diese Begebenheit, die der Gräfin Katharina 
von Schwarzburg den Beinamen der heldenmütigen erwarb. Man 
rühmt noch ihre standhafte Tätigkeit für das religiöse Wohl ihrer 
Antertanen und für die Verbesserung des Schulunterrichts. — Sie starb 
allgemein verehrt und betrauert im achtundfünfzigsten Jahre ihres Lebens 
und im neunundzwanzigsten ihrer Regierung. Die Kirche zu Rudol¬ 
stadt verwahrt ihre Gebeine. Friedrich Schiller.
	        
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