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fort, und Hans ging, seiner Sorgen entledigt, mit der Gans unter dem Arme
der Heimat zu. Er berechnete den guten Braten, das Fett, die Federn. Was
wird, dachte er, meine Mutter für eine Freude haben! Als er durch das letzte
Dorf gekommen war, stand da ein Scherenschleifer mit seinem Karren: das
Rad schnurrte, und er sang ein lustiges Lied dazu. Hans blieb stehen und sah
ihm zu; endlich redete er ihn an und sprach: „Euch gehts wohl, daß Ihr so lustig
bei Eurem Schleifen seid." „Ja", entgegnete der Scherenschleifer, „ein rechter
Schleifer hat immer Geld in der Tasche. Woher hast du denn die Gans?"
„Hab sie gekriegt für ein Schwein", berichtete Hans. „Und das Schwein?"
— „Für eine Kuh gekriegt." — „Und die Kuh?" — „Für ein Pferd ein¬
gehandelt." — „Und das Pferd?" — „Dafür hab ich einen Klumpen Gold
hingegeben, so groß wie mein Kopf." — „Und das Gold?" — „Ei, das war
mein Lohn für sieben Jahre Dienst." — „Schlaukopf, dir fehlt nichts, als
daß du ein Schleifer würdest wie ich, dann klingt dir das Geld in allen
Taschen." — „Wie soll ich das anfangen?" sprach Hans. — „Dazu gehört
nur ein Wetzstein. Hier hab ich noch einen, ist zwar etwas abgenutzt, du sollst
mir aber auch weiter nichts dafür geben als deine Gans. Willst du?" — „Ei
freilich", rief Hans hocherfreut, „Geld in allen Taschen ist ein schönes Ge¬
schäft." Der Schleifer gab dem guten Hans den alten Wetzstein und noch
einen Feldstein dazu, der am Wege lag. „Darauf kannst du deine alten Nägel
gerade klopfen", sprach er. „Heb die Steine nur gut auf!" Hans zog fürbaß,
ganz glücklich, daß sich alles so schön getroffen hatte. Aber die Sonne brannte
sehr, Hans spürte Durst und Müdigkeit, und die Steine drückten ihn ganz
erbärmlich. Da war ein Feldbrunnen am Wege, daraus wollte er seinen
Durst löschen, bückte sich, und beim Bücken sielen die Steine in den Brunnen
hinab. Hans sprang vor Freuden auf, daß er die schlimmen Steine so leicht
los geworden war, pries sich als den glücklichsten aller Menschen und lief
munter fort, bis er daheim bei seiner Mutter war.
6. Däumlings Wanderschaft.
Ein Schneider hatte einen Sohn, der war nicht größer als ein Daumen,
darum hieß er auch der Däumling. Er hatte aber Courage im Leib und sagte
zu seinem Vater: „Vater, ich soll und muß in die Welt hinaus." „Recht,
mein Sohn," sprach der Alte, nahm eine Stopfnadel und machte am Licht
einen Knoten von Siegellack daran, „da hast du auch einen Degen mit auf den
Weg." Nun wollte das Schneiderlein noch einmal mit essen und hüpfte in die
Küche, um zu sehen, was di-e Frau Mutter zuguterletzt gekocht hätte. Es war
aber eben angerichtet, und die Schüssel stand auf dem Herd. Da sprach es:
„Frau Mutter, was gibts heute zu essen?" „Sieh du selbst zu!" sagte die
Mutter. Da sprang Däumling auf den Herd und guckte in die Schüssel; weil