Des Wunderdokters Sommersprossenkur. 
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und zweitens spannte sich die Haut so, daß es mir ordentlich weh tat — 
und ich mir am liebsten die Geschichte abgewaschen hätte, aber ich dachte an 
meine unglückseligen Sommersprossen und ertrug diese Unannehmlichkeit wie 
ein Held. 
Wenn mir jemand sagt, der Mensch kann aus Liebe viel ertragen, so 
will ich es ihm schwarz auf weiß geben: Aus Eitelkeit kann er alles cr— 
tragen. — An Einschlafen war natürlich nicht zu denken, die Haut spannte 
sich immer toller, und schließlich fing sie an zu brennen wie Höllenfeuer. 
Jetzt werden die schauderhaften Sommersprossen gewiß zerstört, dachte ich, und 
biß die Zähne fest zusanimen. Aber die Schmerzen wurden so toll, daß ich 
laut aufstöhnte. Das hatte mein Großvater gehört. ,Kind, fehlt dir etwas?“ 
fragte er und kam in mein Zimmer. 
„Ich, ich hab' so Schmerzen im Gesicht“, stöhnte ich. 
Nun kam Großvater mit dem Licht an mein Bett und beugte sich über 
mich; da fuhr er aber erschrocken zurück. „Ja, wie siehst du denn aus?“ 
rief er ganz entsetzt, „wie von Wespen zerstochen, das ist ja eine schöne Be— 
scherung, da muß gleich der Doktor her.“ 
Und er riß die Klingel sehr heftig. Sofort erschien Friedrich mit einem 
sehr verschlafenen Gesicht. „Schnell, Friedrich, der Doktor muß geholt werden, 
das Kleine hat eine Entzündung im Gesicht.“ 
„Dem Kanter sein Altester ist gerade gekommen, der is ja auch Doktor — 
kann ich den denn nicht holen?“ 
„Gewiß, Friedrich, ich hab' ja gar nicht an den Jungen gedacht, es soll 
ja ein ganz tüchtiger sein — hol ihn nur schnell — die Geschichte kommt mir 
unheimlich vor.“ 
„Sie wird wohl wieder was Dummes gemacht haben“ — brummte Friedrich 
ganz achtungswidrig im Abgehen — und er hatte doch so recht. 
In großer Angst saß Großvater an meinem Bette, bis der Herr Doktor kam. 
Ich hatte nämlich eine Heidenangst, daß er mein Sommersprossenmittel 
erraten würde — und wenn das Großvater erfuhr, o weh, die Schelte, so 
etwas konnte er durchaus nicht leiden. Aber meine Angst war grundlos. Der 
junge Herr Doktor befühlte und beleuchtete mein Gesicht von allen Seiten, 
verordnete mir Lehmumschläge oder essigsaure Tonerde — die natürlich nicht 
im Hause war, es blieb also bei den Lehmumschlägen. Dann kam er schließlich 
zu dem wunderbaren Resultat, es müßte ein „Sonnenstich“ sein, und es wäre 
ein Glück, daß nur das Gesicht und nicht mein Gehirn davon betroffen sei — 
Mein Großvater meinte zwar etwas zweifelnd: „Aber lieber Robert, 
jetzt im November einen Sonnenstich, das scheint mir laum möglich.“ Der 
Herr Doktor aber hielt eine so gelehrte Rede über diesen seltsamen Fall, daß 
Großvater zwar etwas verwundert den Kopf schüttelte — aber nichts mehr 
einzuwenden hatte. Darauf entfernte sich der Herr Doktor wieder, und Friedrich 
machte eine Schüssel Lehm zurecht; davon legte mir der gute Großvater die 
ganze Nacht Umschläge auf, und sie taten mir so wohl, daß ich bald fest ein— 
schlieff. Das letzte was ich noch hörte, war Friedrichs Bemerkung: „Beim 
andern Minschen wär' een Sunnenstich ja nich möglich, aber bei das Kind ist 
alles möglich“. 
Fünf Tage mußte ich darauf in einem dunklen Zimmer liegen, bekam 
immerfort Lehmumschläge, und dann war mein Sonnenstich glänzend geheilt. 
Großvater bedankte sich sehr bei dem jungen Doktor, ich aber hätle ihm 
am liebsten hell ins Gesicht gelacht; — aber ich schämte mich, meine Dummheit 
einzugestehen, und ließ ihm üeber seinen Ruhm, eine großartige Kur bei einem 
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