fullscreen: Von den Uranfängen bis zum Ende des 18. Jahrhunderts (Abteilung 1, [Schülerband])

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Es sollte den Nachweis erbringen, daß die wahre Religion in keinem 
der drei Hauptbekenntnisse (Judentum, Christentum, Muhamedanismus) 
nach ihrem tiefsten Gehalte ausgedrückt sei, sondern daß sich die echte 
Religion offenbare in der wahrhaft erkannten Menschen Pflicht und der 
werktätig geübten Menschenliebe. Diese Grundidee kleidet er in die 
Parabel von den drei Ringen, eine Eleichnisrede, die selbst aus dem 
- bilderreichen Lande stammt, in das er die Handlung der Dichtung verlegt. 
Daß er nicht etwa dem Judentum den Vorzug vor dem Christentum zuteilen 
will, beweist die zweite Schrift „Die Erziehung des Menschenge¬ 
schlechts" (1780). In drei Stufen vollzieht sich die Erziehung, die Gott 
dem Menschengeschlechte angedeihen läßt. Deren erste wird bezeichnet 
durch das alttestamentliche Gesetz; das Androhen von Strafen und das 
Versprechen von Belohnungen sollen den Menschen vor dem Bösen schrecken 
und zum Guten locken. Höher steht die Erziehung des Evangeliums Christi; 
der Antrieb zum Guten soll in dem Menschen selbst begründet werden; doch 
auch hier sind Strafe und Belohnung als Zuchtmittel noch nicht ausge¬ 
schlossen, wenn auch deren Eintritt erst in einem späteren Leben erfolgen 
soll. Die höchste Stufe der Erziehung ist auch von Christus für eine 
spätere Zeit verheißen, wenn die Liebe das höchste Gesetz geworden sein 
wird und jeder das Gute tut um des Guten willen. Dieses Evangelium 
der Liebe bildet auch den Inhalt der dritten Schrift: „Das Testament 
Johannis". Die Legende berichtet, der Apostel Johannes habe in 
seinem höchsten Greisenalter sich in die Christenversammlung tragen lassen 
und seine ganze väterliche Fürsorge in die herzliche Ermahnung zusammen¬ 
gefaßt: „Kindlein, liebet einander!" denn in der Liebe liegt des Gesetzes 
Erfüllung. 
Der gleiche Wunsch erfüllte auch die große Seele Lessings; in ihm be¬ 
ruhte seine Hoffnung auf die Vollendung menschlicher Glückseligkeit; denn 
diese Liebe ist ihm eins mit der Wahrheit, nach der er sein lebenlang 
strebte, für die er gestritten und gelitten hat; sie bildet darum auch sein 
Testament. Der Tod ereilte ihn am 15. Februar 1781 in Braun schweig, 
wohin er sich zum Besuche begeben hatte. 
Auch die übrigen zahlreichen hier nicht genannten Schriften Lessings 
dienen alle dem einen großen Zwecke, die Erkenntnis der Wahrheit zu 
fördern. Seine umfassende Gelehrsamkeit, in welcher nur wenige ihm 
gleichgekommen sind, sowie sein durchdringender Scharfblick wurden be¬ 
herrscht von seinem Charakter, an dem kein Schatten oder Makel haftet; 
so wurde er zum größten Forscher und Kritiker, den die deutsche Wissen¬ 
schaft kennt. 
Die deutsche Literatur verdankt ihm Unendliches; er befreite sie end¬ 
gültig aus den Banden einer unrühmlichen Nachahmung des Auslandes 
und gründete sie in dem nationalen Boden. Der dramatischen Dichtung 
gab er drei unvergängliche Vorbilder; die deutsche Prosa hat er geschaffen.
	        
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