fullscreen: Die Neuzeit (Bd. 3)

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Kaiser Rudolf II. 
und ergötzte sich an dem Anblick der herrlichen Pferde ohne doch je eines von 
ihnen zu besteigen. Kurz, die Üppigkeit und der Reichtum, die ihn umgaben, 
waren für seine bis zur nervösesten Empfindlichkeit gesteigerte Feinfühligkeit 
ein unabweisbares Bedürfnis, zu dessen Befriedigung ihm keine Ausgabe zu 
groß war. Und gebrach es im Staatsschatz an Geld, so dachte er auf alchimi- 
stifchem Wege die Retorten mit Gold zu füllen. 
So brachte dieser körperlich zarte Herrscher in der von dem süßen Gift 
feingeistiger Genüsse und ausgekünstelter Üppigkeit erfüllten Atmosphäre, die 
jedem von der Außenwelt herandrängenden Luftzug ängstlich abgeschlossen blieb, 
die Jahre hin; kein Wunder, daß eine so ausgestattete Einsamkeit das ihrige 
dazu beitrug des Kaisers von Haus aus empfindsame Nerven zu überreizen 
und seine krankhafte Anlage zu einem wirklichen Krankheitszustand zu steigern. 
Mit dem Beginn des neuen Jahrhunderts, in dem die Verwirrung im Reich 
und in den Habsburgischen Erblanden aufs höchste stieg, beobachtete man an 
ihm zu Zeiten eine ausgesprochene Gemütsstörung, die sich wiederholt in form- 
lichen Tobsuchtsanfällen äußerte. Er glaubte sich verfolgt, von geheimen Nach¬ 
stellern in seinem Leben bedroht. Von solchen Sinnestäuschungen erfaßt, fiel 
er dann wohl feine Umgebung an oder suchte Hand an sich selbst zu legen. 
Von da an ist sein Leben Krankheitsgeschichte, der gegenüber das Mitleid fast 
das Urteil verstummen macht. Wie lange er aber schon unter dem Drucke 
dieses Leidens stand, bevor es zum Ausbruch kam, wer wäre imstande das zu 
entscheiden? Ein krankhafter Zug liegt von Anfang an in den Mängeln seines 
Charakters, wie selbst in der Fülle seiner Begabungen. Die Gleichgültigkeit, 
die schon früh an ihm auffiel, gestaltete sich immer mehr zu einem Zustande 
abstoßender Teilnahmlostgkeit, seine unmännliche Unentschlossenheit zu einem 
erbarmungswürdigen Schwanken. Heute sagte er ja um morgen nein zu 
sagen. Er widerrief kaum Gewährtes; während er einen Schritt tat, bereute er 
ihn schon. Kaum jemals in seinem ganzen Leben, daß er an einmal Be- 
schlossenem mit zielbewußter Beharrlichkeit festhielt; es beherrschte ihn vielmehr 
ein Bedürfnis der Unentschiedenheit, das einen hohen Grad von Charakter- 
schwäche bezeichnet, wo es nicht ein Anzeichen geistiger Erkrankung ist. 
Daß eine solche Persönlichkeit unter fremde Abhängigkeit geriet, verstand 
sich von selbst. Und da Rudolf bei allem Widerwillen gegen feine Herrscher- 
pflichten das empfindlichste Mißtrauen gegen Verletzung und Mißachtung seines 
Herrscheransehens hegte, so geriet er unter den Einfluß immer niedriger stehen- 
der Personen, die kein weiteres Interesse hatten als sich in seiner Gunst zu 
erhalten um ihn auszubeuten. 
Gelegentlich brach dann doch wieder das Verlangen nach Selbständigkeit 
durch, namentlich gegenüber den Bestrebungen Philipps II. sowie der franzö-
	        
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