Annette von Droste-Hülshoff.
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Seitab ein Gärtchen, dornumhegt,
Mit reinlichem Gelände,
Wo matt ihr Haupt die Glocke trägt,
Aufrecht die Sonnenwende.
Und drinnen kniet ein stilles Kind,
Das scheint den Grund zu jäten;
Nun pflückt sie eine Lilie lind
Und wandelt längs den Beeten.
Am Horizonte Hirten, die
Im Heidekraut sich strecken
Und mit des Aves Melodie
Träumende Liifte wecken.
Und von der Tenne ab und an
Schallt es wie Hammerschläge;
Ter Hobel rauscht, es fällt der Span,
Und langsam knarrt die Säge.
Da hebt der Abendstern gemach
Sich aus den Föhrenzweigen,
Und grade ob der Hütte Dach
Scheint er sich mild zu neigen.
Es ist ein Bild, wie still und heiß
Es alte Meister hegten,
Kunstvolle Mönche, und mit Fleiß
Es auf den Goldgrund legten.
DerZimmermanu—dieHirten gleich
Mit ihrem frommen Liede —
Die Jungfrau mit dem Lilienzweig —
Und rings der Gottesfriede.
Des Sternes wunderlich Geleucht
Aus zarten Wolkenfloren, —
Ist etwa hier im Stall vielleicht
Christkindlein heut geboren?
8. TaS öde Hans.
Tiefab im Tobel liegt ein Haus,
Zerfallen nach des Försters Tode,
Tort ruh' ich manche Stunde aus,
Vergraben unter Rank' und Lode;
's ist eine Wildnis, wo der Tag
Nur halb die schweren Wimpern lichtet;
Ter Felsen tiefe Kluft verdichtet
Ergrauter Aste Schattenhag.
Ich horche träumend, nue im Spalt
Tie schwarzen Fliegen taumelnd summen,
Wie Seufzer streifen durch den Wald,
Am Strauche irre Käfer brummen;
Wenn sich die Abendröte drängt
An sickernden Geschiefers Lauge,
Daun ist's, als ob ein trübes Auge,
Ein rotgeweintes drüber hängt.
Wo an zerriss'ner Laube Joch
Die laugen magern Schossen streichen,
An wildverwachsner Hecke noch
Im Moose N'elkensprossen schleichen,
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