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man verschonte die eigenen Kinder nicht. Die Tempel, welche man
den Göttern baute, waren terrassenförmig aufsteigende, plumpe Ge¬
bäude, in deren oberstem Stockwerk sich das Heiligtum befand. Neben
den Göttern gab es nach dem Glauben der Babylonier noch eine
Unzahl von Dämonen, welche die Ordnung der Welt stören und den
Menschen Schaden zufügen konnten. Man stellte sie bildlich dar als
Schreckgestalten, als Drachen, Greisen, Einhörner und dergleichen.
Die großen Götter, welche die Welt schützen und erhalten sollten,
dachte man sich in den Sternen wirkend. Besonders die Wandelsterne,
Planeten, wurden für die Schicksalssterne gehalten. Von ihrer augen¬
blicklichen Stellung hinge, so glaubte man, das ganze Leben des
einzelnen Menschen und der Ausgang der Unternehmungen des ganzen
Volkes ab, und da man sieben Planeten kannte, so wurde die Sieben
die heilige Zahl. Man berechnete den Stand der Planeten in
der Geburtsstunde eines Menschen und glaubte daraus sein Schicksal
gleichsam ablesen zu können. Die Erforschung der Zukunft aus dem
Stande der Gestirne nennt man Astrologie. Sie hatte, obgleich sie
nichts als Aberglaube war, das Gute, daß man überhaupt die Er¬
scheinungen am Himmel, vor allem den Laus der Sterne genauer
beobachtete. Die Wissenschaft, welche daraus hervorging, ist die
Astronomie. Die Babylonier haben das Verdienst, darin viel geleistet
zu haben, ihre Priester waren nicht nur Sterndeuter, sondern auch
Sternkundige. Das höchste Stockwerk der Tempel diente ihnen als
Sternwarte. Freilich gaben sich nun die Priester auch den Anschein,
als ob sie eine geheimnisvolle Macht besäßen und Wunder thun
könnten. Diese vorgebliche Wissenschaft, welche aus den Aberglauben
des Volkes rechnet, nennt man Magie, die Zauberer Magier. Von
den religiösen Sagen der Babylonier ist eine besonders merkwürdig.
Einst zürnte, so erzählte man, Baal so sehr, daß er eine große Flut
schickte, um die Menschen zu vertilgen. Nur einem Manne eröffnete
er sein Vorhaben, dem Chasisadra, und errettete ihn vom Verderben,
indem er ihm gebot, ein großes Schiff zu bauen und sich mit
seiner Familie und einem Paare von allen Tieren hineinzubegeben.
Das ist die babylonische Sage von der Sündflut. Von dem Leben
nach dem Tode hatten die Babylonier, wie die Semiten überhaupt,
nur eine sehr dunkle Vorstellung. Sie glaubten nicht wie die Ägypter,
daß der gute Mensch, nachdem er gestorben sei, zu Gott eingehe,
sondern daß er im „Lande ohne Rückkehr" nur als Schatten fort¬
bestehe.
Die babylonische Schrift ist die sogenannte Keilschrift. Ursprüng¬
lich war es wohl eine Bilderschrift wie die ägyptische, aber da die