822 (221(22) (22J (221 Julius von Vcrdy du Vernois.
wesenden Fürsten. Welch bedeutungsvoller Augenblick! Worte gibt
es dafür nicht! Was drinnen gesprochen, erfuhr zunächst niemand; 150
nur verlautete unter anderem, daß der Kaiser gesagt hätte: „er wäre
zum Kriege gedrängt worden," und „durch unsere Artillerie wäre er
persönlich besiegt."
Nach einiger Zeit erschienen beide Monarchen im Glaspavillon,
wo der König noch einige Worte mit der Umgebung des Kaisers
sprach, auch der Kronprinz mit dem Kaiser redete; dann begleitete
letzterer unseren König bis an die Treppe. Mit jugendlicher Rüstig¬
keit warf sich die hohe Gestalt unseres Herrschers auf das Pferd;
im Galopp davonsprengend, folgte ihm das zahlreiche und bunte Ge¬
folge, welches bisher ans dem kleinen Platze nicht Raum gefunden 160
und hinter den Büschen, auf den engen Wegen, weit hinein in den
Park gestanden hatte — eine glänzende wilde Kavalkade, auf die der
Kaiser sinnend blickte, bevor er wieder in dem Zimmer verschwand.
Draußen aber wirbelten die Trommeln der Bayern, ihre Musik
blies das „Heil dir im Siegerkranz," und weithin begleitete das Hurra
der lagernden Truppen den Ritt des Königs, welchen es drängte,
seinen siegreichen Truppen noch ans dem Schlachtfelde seinen könig¬
lichen Dank ausznsprechen.
General von Moltke nahm mich in seinen Wagen; schweigend
fuhren wir nach Donchery zurück, wo neue Arbeit wartete. 170
Am anderen Morgen zog der gefangene Kaiser, eskortiert von
zwei Husaren-Eskadrons, bei unseren Fenstern vorbei nach der bel¬
gischen Grenze zu; dann setzten auch wir uns in Marsch nach dem
Hauptquartier des Königs, nach Vendresse, jetzt der ersten Etappe
nach Paris.
So endete der erste Abschnitt des gewaltigen Kampfes! Mit
der Gefangennahme Napoleons und der Kapitulation der Armee, bei
der er sich befand, stürzte in Frankreich das Kaisertum, welches den
Krieg heraufbeschworen hatte, in Trümmer.
Im großen Hauptquartier 1870/71.