Full text: [Band 2, [Schülerband]] (Band 2, [Schülerband])

IV. Im Lichte des Christentums. rorororsarsDrara 
gegebenen Worte, Verehrung der Götter, Hochachtung vor dem Weibe, 
Keuschheit und Gastfreundschaft — das sind die guten Sitten, die wir in 
jenen Zeiten finden. Daneben gilt aber auch als sittliche Forderung un¬ 
bändiger Stolz, wilder Haß gegen die feinde, gegen den Beleidiger, gegen 
den wlörder eines nahen verwandten, Grausamkeit gegen Kriegsgefangene 
feinde, Verachtung der Sklaven, wilde Regungen wurden als unmänn¬ 
lich erachtet. In religiöser Hinsicht eine große Abhängigkeit gegenüber 
den Lindrücken, die die Natur aus des Menschen Gemüt ausübt. Der 
Wald, der Berg, der Guell, der See waren ihnen bevölkert mit bald lieblich 
lockenden, bald neckenden oder Unheil drohenden Wesen : mit Llfen, Nixen, 
Kobolden, Zwergen, Waldweibern. Dies sind in wenigen Zügen die 
Hauptseiten des geistigen Lebens jener Zeit. Sie waren allen gemeinsam, 
dem Könige, dem Herzoge wie dem geringsten freien und erbten sich un¬ 
gekünstelt und unverändert durch sremde Bildung von Geschlecht zu Geschlecht. 
Daraus erklärt sich's, wie Tacitus erzählt, daß gute Sitten bei unseren 
Altvordern mehr galten als anderswo — in dem seingebildeten Rom — 
gute Gesetze. 
Dies Leben änderte sich mit der Einführung des Christentums. 
Als Remigius, der gallisch-römische Bischof, den wilden frankenkönig 
Chlodewig gegen das Ende des fünften Jahrhunderts in Rheims taufte, 
rief er ihm die Worte zu: „Beuge dein Haupt, stolzer Sigambrer; verbrenne, 
was du angebetet, bete an, was du bisher verbrannt hast!" Dies ist das 
Losungswort für die ersten tausend Jahre nach jener Zeit, als zuerst 
christliche Missionäre in die deutschen Gauen zogen um Wotans Altäre zu 
brechen und auf den Trümmern das Kreuz, den ans Kreuz geschlagenen 
Gott zu predigen. An die Stelle der poesievollen Verehrung der alten 
Götter in dem grünen Heiligtum des alten Waldes trat der mystische 
Glaube an die Versöhnung des sündigen Menschen durch Christi Blut; 
ein Glaube, der die Menschen von ihrer ungezügelten Tatkraft ablenkte 
und sie nötigte bei sich selbst einzukehren und über die eigene Sündenschuld 
nachzugrübeln. Der Deutsche lernte seinen Wald fliehen, um die dunkeln, 
feierlichen Räume der Kirche aufzusuchen und dort sein stolzes Herz vor 
einem dunkel geahnten Gotte zu beugen. Den frohen Schlachtenmut mit 
seiner wilden Schönheit und berauschenden Kraft, den Stolz und die wilde 
Lust der Rache lernte er der höheren g eistigen Kraft und Schönheit der 
Milde und Demut opfern, während er früher nur mit freude an den 
Tod auf dem Schlachtselde gedacht hatte, von wo die schönen Schlachten¬ 
jungfrauen, die Walküren, ihn in Allvater Gdins Saal führen würden, 
mußte er jetzt lernen diesen frohen Mut zu bekämpfen und zu verachten: 
denn das Christentum gab den Preis, die ewige Seligkeit im Himmel, 
nur den friedfertigen, den Sanftmütigen, den Demütigen, die in hehrem 
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