15. Bethlehem und Golgatha. ^rcH-^H'^rarar^ra
2. Hier, von allen ganz verlassen,
Sieht er eifrig mit Bemüh’n
An dem einen starken Nagel
Ein barmherzig Vöglein zieh’n.
3. Blutbeträuft und ohne Rasten
Mit dem Schnabel zart und klein
Möcht’ den Heiland es vom Kreuze,
Seines Schöpfers Sohn, befrei’n.
4. Und der Heiland spricht in Milde:
„Sei gesegnet für und für!
Trag’, als Zeichen dieser Stunde,
Ewig Blut- und Kreuzeszier!"
5. Kreuzesschnabel heißt das Vöglein;
Ganz bedeckt vom Blut so klar,
Singt es tief im Fichtenwalde
Märchenhaft und wunderbar. —
Julius Mosen.
15. Bethlehem und Golgatha.
1. Er ist in Bethlehem geboren,
Der uns das Leben hat gebracht,
Und Golgatha hat er erkoren,
Durchs Kreuz zu brechen Todes Macht.
Ich fuhr vom abendlichen Strande
Hinaus, hindurch die Morgenlande;
Und Größeres ich nirgend sah
Als Bethlehem und Golgatha.
2. Wie sind die sieben Wunderwerke
Der alten Welt dahingerafft,
Wie ist der Trotz der ird'schen Stärke
Erlegen vor der Himmelskraft!
Ich sah sie, wo ich mochte wallen,
In ihre Trümmer hingefallen
Und steh'n in stiller Gloria
Nur Bethlehem und Golgatha.
3. Weg, ihr ägyptischen Pyramiden!
In denen nur die Finsternis
Des Grabes, nicht des Todes Frieden
Zu bauen sich der Mensch befliß.
Ihr Sphinx’ in kolossalen Größen,
Ihr konntet nicht der Erde lösen
Des Lebens Rätsel, wie's geschah
Durch Bethlehem und Golgatha.
4. Erdparadies und Roknabade,
Flur aller Rosen von Schiras l
Und am gewürzten Meergestade
Du Palmengarten Jndias!
Ich seh’ auf euren lichten Fluren
Noch geh’n den Tod mit dunklen Spuren.
Blickt auf! Euch kommt das Leben da
Von Bethlehem und Golgatha!
5. Du Kaaba, schwarzer Stein der
Wüste,
An den der Fuß der halben Welt
Sich jetzt noch stößt, steh’ nur und brüste
Dich, matt von deinem Mond erhellt!
Der Mond wird vor der Sonn’ er¬
bleichen
Und dich zerschmettern wird des Zeichen
Des Helden, dem Viktoria
Ruft Bethlehem und Golgatha.
d 325 ra