Full text: Deutsche Dichtung des 18. Jahrhunderts (Band 2, [Schülerband])

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Der Karlsschüler 
75. Der Karlsschüler. 
Berzog: Wie alt ist Er? 
Schiller: Dreiundzwanzig Jahr. 
Hherzog sfür sich): Und richtet schon solches Unheil an! (laut) Einer 
von euch sagte gestern, die Menschen ließen sich nicht erziehen. Was hat 
Er denn werden wollen, ehe ich mich Seiner angenommen? 
Schiller: Ich wollte Prediger werden, Durchlaucht. 
herzog (sieht ihn von der Seite an). 
Schiller: Ich band mir schon als Knabe eine schwarze Schürze vor 
und stieg auf den Stuhl und predigte — was hab' ich zu sagen gewußt 
als unkundiger Knabe! Es war also nur der Drang, ein volles Herz 
auszuschütten, die Wunder der Welt zu verkünden und die Menschen auf⸗ 
zurufen zur Sammlung, Begeisterung und Tätigkeit. So ist es noch in 
mir, Durchlaucht. Ich glühe, ich zittre und bebe dafür, Gutes und Großes 
zu bewirken. 
Herzog (halb für sich): Ich glaube wahrhaftig, es wäre ihm 
besser gewesen! Im Tübinger Stifte die steife Methode und dann hinaus 
in die dicken Nebel zwischen Diesseits und Jenseits. Herrgott und Satan 
vertragen mehr als wir auf Erden. (laut und streng) Was soll denn 
nun aus Ihm werden? Ein Poet, daß Gott erbarm'! 
Schiller: Ein Prediger von der Schaubühne herab durch die 
begeisterte Stimme des Schauspielers. Durchlaucht, eine belebende Zu— 
kunft für deutsches Schauspiel öffnet sich unserm Vaterlande, Schröder 
hat in Hamburg vorgearbeitet, Kaiser Joseph hat ihn jetzt an die Burg 
berufen, Dalberg wirkt in Mannheim und ein Fürst von Ihrer Erfahrung 
und Tatkraft ist der Mann dazu in Deutschland solche neue, lebensvolle 
Epoche für Literatur und Kunst gründlich zu fördern. 
HBerzog (ihn ansehend ohne Heftigkeit)) Zum Aufschwung Eurer 
wilden und rohen Gedanken! (ihn groß ansehend). Er ist doch wohl 
verrückt! Steht hier, um sich für Leib und CLeben zu verantworten wegen 
eines frechen Werks und frecher Verbreitung desselben, und beginnt 
seine Defension damit, unerhörte Dinge zu begehren —! Deutsches 
Theater! Varretei! Schaff Er erst eine gebildete deutsche Sprache! Schaff 
Er erst Geschmack! Ihr Schwaben, die kein Satan zum guten Geschmack 
erziehen wird, ihr wollt ein deutsches Theater machen! Schwabenstreiche 
könnt ihr machen, weiter nichts! 
Schiller: Schwabenstreiche sind besser als Puppenspiel. 
herzog: Schweig' Er still, bis ich Ihn frage. Deutsches Theater! 
Den Voltaire habt Ihr neben Euch gehabt und lernt doch nichts! Der 
junge Goethe, von welchem der von Weimar solches Aufhebens macht, 
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