Full text: Deutsche Dichtung des 18. Jahrhunderts (Band 2, [Schülerband])

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Klopstocks Gönner 
mich dann durchdringen und ganz überströmen, wenn ich's vermöchte, 
daß die Würdigsten zu diesem Werke wegen der durch sie so lange ver⸗ 
nachlässigten Ehre des Vaterlandes von edler und heiliger Schamröte 
erglühten. Wofern aber unter den jetzt lebenden Dichtern vielleicht der 
noch nicht gefunden würde, der bestimmt ist, sein Deutschland mit diesem 
Ruhm zu schmücken, o so werde geboren, großer Tag, der diesen Sänger 
hervorbringen, und du, o Sonne, eile schneller herbei, die ihn zuerst 
erblicken und mit freundlichem Antlitz bestrahlen soll! Ihn mögen die 
Tugend und mit der himmlischen Ruhe die Weisheit in zarten Armen 
wiegen! Vor seinen Augen eröffne sich das ganze Gebiet der Natur 
und die andern unzugängliche Größe der anbetungswürdigen Religion! 
Selbst die Ordnung der künftigen Jahrhunderte bleibe ihm nicht ganz 
verschlossen und dunkel! Von diesen seinen Cehrerinnen werde er ge⸗ 
bildet, des menschlichen Geschlechts, der Unsterblichkeit und Gottes selbst, 
den er vorzüglich preisen wird, würdig. 2 Friedrich Gotllieb Klopstock. 
22. Klopstocks Gönner. 
Zurich, den 10. Sept 1750 
Liebenswürdige Cousine, 
Sie schreiben gar nicht an mich. Sie lassen mich ganz allein. Man 
sucht mir hier um die Wette so viel Vergnügen zu machen, daß mir 
nicht selten die Wahl schwer wird. Sie, liebste Cousine, hätten durch 
einen einzigen kleinen freundschaftlichen Brief machen können, daß ich 
unendlich viel mehr Anteil an diesem Vergnügen genommen hätte, als 
ich daran habe nehmen können und, wenn Sie immer so fortfahren, 
mich zu verlassen, daran nehmen werde. Ich habe itzt auch viel Ver— 
gnügen von anderer Art als: wohlgewählte Gesellschaften, Schiffahrten 
und kleine Reisen. Ich würde ein ungerechtes Mißtrauen in Ihre Freund— 
schaft setzen, wenn ich glaubte, ich dürfte Ihnen von denselben keine 
Nachricht geben. 
Ich habe bisher zween Freunde gefunden, den König von Däne— 
mark und einen hiesigen jungen Kaufmann (Rahn) den ich über 
den König setze. Der König gibt mir ein jährliches Gehalt von 400 Talern, 
den „Messias“ zu vollenden. Es ist dies durch die Vermittelung zweener 
Minister geschehen, die mehr als nur Minister sind, den Baron von 
Bernstoff und den Grafen von Moltke. Ich habe Wahrscheinlich⸗ 
keiten, dies Gehalt zu vermehren und mich nur selten in Kopenhagen 
aufzuhalten. Wie glücklich würde ich sein, den „Messias“ bei dieser 
Muße zu schreiben, wenn ich nicht, wie Sie wissen, durch die Ciebe 
so unglücklich wäre.
	        
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