52. Claudius an seinen Sohn Johannes. €€€€€€€€€€€€€
ist weise von Mutterleibe an; Zeit und Erfahrung lehren hier und fegen
die Tenne.
Ich habe die Welt länger gesehen als du.
Es ist nicht alles Gold, lieber Sohn, was glänzt, und ich habe manchen
Stern vom Himmel fallen und manchen Stab, aus den man sich verliest,
brechen sehen. Darum will ich dir einigen Rat geben und dir sagen, wa
ich gesunden habe und was die Zeit mich gelehret hat.
Es ist nichts groß, was nicht gut ist, und ist nichts wahr, was mch
bestehet. .
Der Mensch ist hier nicht zu Hause und er geht hier nicht von ung -
fähr in dem schlechten Rocke umher. Denn siehe nur: alle andre Dmge
hier, mit und neben ihm, sind und gehen dahin ohne es zu wissen, der
Mensch ist sich bewußt und wie eine hohe, bleibende Wand, an der die
Schatten vorübergehen. Alle Dinge mit und neben ihm gehen uhm,
einer fremden Willkür und Macht unterworfen; er ist sich selbst anver rau
und trägt sein Leben in seiner Hand.
Und ist es nicht für ihn gleichgültig, ob er rechts oder links gehe.
Laß dir nichts weismachen, daß er sich raten könne uiid selbst seinen eg
wisse.
Halte dich zu gut Böses zu tun! . . , _ , , .A ... .
Hänge dein Herz an kein vergänglich Ding! Die Wahrheit richte
sich nicht nach uns, lieber Sohn, sondern wir müssen uns nach ihr achten.
Was du sehen kannst, das sieh und brauche deine Augen, und über da
Unsichtbare und Ewige halte dich an Gottes Wort. Bleibe der e igwn
deiner Väter getreu und hasse die theologischen Kannegießer. cheue
niemand so viel als dich selbst. Inwendig in uns wohnet der Richter, der
nicht trügt und an dessen Stimme uns mehr gelegen ist als an dem Beisau
der ganzen Welt und der Weisheit der Griechen und Ägypter. Nimm es
dir vor, mein Sohn, nicht wider seine Stimme zu tun; und was du sinnest
und vorhast, schlage zuvor an deine Stirne und frage ihn um Rat Er
spricht anfangs nur leise und stammelt wie ein unschuldiges Kmd; doch,
wenn du seine Unschuld ehrst, löst er gemach seine Zunge und wird dir
vernehmlicher sprechen. . ^ fJ. ....
Lerne gern von andern, und wo von Weisheit, Menscheng u,
Licht, Freiheit, Tugend usw. geredet wird, da höre fleißig zu. Doch
traue nicht flugs und allerdings, denn die Wolken haben nicht alle Wasser
und es gibt mancherlei Weise. Sie meinen auch, daß sie die Sache hätten,
wenn sie davon reden können und davon reden. Das ist aber mcht, Sohn.
Man hat darum die Sache nicht, daß man davon reden kann und davon
redet. Worte sind nur Worte, und wo sie so gar leicht und behende dahm-
sahren, da sei auf deiner Hut; denn die Pferde, die den Wagen mit Gütern
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