III Papstthum und Kaiserthum. 113
4. Die sächsischen Kaiser.
§ 46. In Deutschland hatten nach Ludwigs des Kin¬
des Tod die Herzoge von Sachsen, Bayern, Franken,
Schwaben, Lothringen sich so unabhängig gestellt, daß sie
gern ohne König regiert hätten. Aber die Verwüstungen
der Ungarn forderten ein Oberhaupt. Die Wahl fiel auf
den fränkischen Herzog Konrad I. (911 — 18), der Mühe
hatte, sich zu behaupten. Die Noth Deutschlands erken¬
nend, ließ er sterbend die Insignien des Reichs seinem
Feinde, dem Herzoge der Sachsen, einem kräftigen Manne
übertragen. So begann mit Heinrich I. die Reihe der
sächsischen Könige, welche Deutschland vom Abgrund ret¬
teten und zur ersten Macht Europa's erhoben.
Nachdem Heinrich sich auf dem Throne festgesetzt hatte,
wandte er seine ganze Aufmerksamkeit den Ungarn zu.
Diese waren längst aus den weiten Steppen hinter dem
kaspischen Meere hervorgebrochen und allmählich die Donau
heraufgekommen. Seit 893 machten sie fast jährlich Raub¬
züge und schleppten viele Tausende an den Haaren zusammen¬
gebunden in die Knechtschaft. Ohne Widerstand verwüste¬
ten sie fast ganz Deutschland bis über deu Rhein. Auch
Italien durchstreiften sie, das umsonst vor seinen Schutz¬
heiligen auf deu Knieen lag und in kläglicher Litanei
wimmerte: „O errette uus von den Pfeilen der Ungarn!"
Schrecken ergriff das ganze Abendland. Heinrich konnte
ihnen zuerst eineu Waffenstillstand von nenn' Jahren ab¬
drängen, den er zu Herstellung der alten Kriegsverfas¬
sung und zu Kriegsübungen benützte. Auch ließ er, weil
es bisher nur am Rhein und an der Donau Städte gab,
Kirchen und Dörfer mit Mauern umziehen, hinter welche
das Laudvolk sich flüchten konnte, wodurch er Grüuder
des deutschen Städtewesens wurde. Nach Ablauf der neun
Jahre beschimpfte er die Gesandten der Ungarn; und als
diese (932) mit zwei mächtigen Heeren eindrangen, wurde
das eine bei Sondershausen geschlagen; und der Sieg
bei Merseburg war so glänzend, daß ihn noch ein jähr¬
liches Fest feiert.