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Zweiter Teil. Volkstümliche Dichtung.
2. Und der uns scheidet, das ist der Tod, ade!
Er scheidet so manches Mündlein rot, ade!
Er scheidet so manchen Mann vom Weib,
Die konnten sich machen viel Zeitvertreib.
Ade, ade, ade!
Ja, Scheiden und Meiden tut weh.
3. Er scheidet das Kindlein wohl in der Wieg'n, ade!
Wann werd' ich mein schwarzbraun's Mädel doch kriegn, ade!
Und ist es nicht morgen! ach, wär es doch heut',
Es inacht uns allbeiden gar große Freud'.
Ade, ade, ade!
Ja, Scheiden und Meiden tut weh.
71. Rlostersräulrins Heimweh.
Aus dem Himmel droben fällt ein goldner Schein
Auf die Erde hin, mir ins Herz hinein.
Am Gebirge dort, da strahlt es hell und licht;
Aber meine Tränen trocknen nicht.
O du liebes Tal, du mein Heimatstal,
Säh' ich dich nur noch ein einzig Mal!
Schönes Tal, du mein Heimatstal,
Säh' ich dich nur noch ein einzig Mal!
Wenn das Klosterglvcklein schlägt um Mitternacht,
Hab' ich tausendmal an mein Lieb gedacht,
An den Fiedelschall und an die Lieder all,
Die da trug zu mir der Widerhall.
O du liebes Tal usw.
Mit den Blümelein spielten wir am grünen Rain,
Wenn der Kuckuck ries aus beut nahen Hain.
Aus dem Fenster schaut des Vaters lveißes Haupt,
Alles, alles ist mir nun geraubt!
O du liebes Tal usw.
M. Das Sterben.
72. Todesahnung.
(19. Jahrhundert.)
1. Ich hab' die Nacht geträumet
Wohl einen schweren Traum:
Es wuchs in meinem Garten
Ein Rosmarienbaum.
2. Ein Kirchhof war der Garten,
Ein Blumenbeet das Grab,
Und von den schönen Bäumen
Fiel Krön' und Blätter ab.
3. Die Blumen tät ich sammeln
In einem goldnen Krug;
Der fiel mir aus den Händen,
Daß er in Stücke schlug.