c. Einsamkeit.
Ebendas., S. 12».
1. Allein zu sein!
Wie oft mit stillen Tränen
Hab' ich's erfleht von des Geschickes Gunst;
Begeistert schlug mein Herz der heil'gen Kunst,
Darum begehrt es nur in stolzem Sehnen:
Allein zu sein!
2. Ich bin allein!
Allein in Lust und Schmerzen,
Um was ich einst gebeten, ist erfüllt. —
Ach! was ich liebte, hat das Grab umhüllt,
Und ewig tönt es im verwaisten Herzen:
Ich bin allein!
181. Sophie Dethless.
Geb. am 10. Februar 1809 in Heide (Dithmarschen), lebte meist in ihrer Vaterstadt, land 1853 in
dem Schröder-Asyl zu Hamburg ein Heim und starb dort am 13. März 1864.
Die Tanne.
Gedichte. Hamburg 1861.
Es stand eine riesige Tanne,
Ein wundervoll prächtiger Baum,
Im ewigen Grün seiner Zweige
Als Hüter am Waldessaum.
Sie hatte viel' Jahre versinken,
Viel' Jahre schon kommen sehn;
Man sah sie in ewiger Schöne,
In ewiger Jugend stehn.
Es ragten die riesigen Äste
Ins Dunkel des Waldes hinaus,
Und unter der Wölbung des DacheS
War's still wie im Gotteshaus.
Es brachen die Strahlen des Mondes
Sich mild in dem dunkelnden Grün;
Des purpurnen Abendrots Schimmer
Sah durch die Äste man glühn.
Und rauschet der Wind in den Zweigen,
So ist es ein Flüstern und Wehn,
Dann ist es ein Wiegen und Neigen,
Als ob sie einander verstehn!
Als ob sie reden von Zeiten,
Die längst schon entflohn und dahin;
Als ob sie den Wechsel begleiten
Mit denkendem, forschendem Sinn. —
Da kam aus der Tiefe
Im eilenden Lauf
Eine Schar wilder Knaben
Die Höhe hinauf.
„Hier spielen wir Jäger",
Rief einer, „und hier,
Hier unter der Tanne
Da rasten wir."
„Nein, Krieg laßt uns spielen
Und ich bin der Held,
Ihr tragt mich verwundet
Vom Leichenfeld.
Es trifft mich die Kugel,
Bd. I, S. 162.
Ich sinke zurück,
Hinauf in die Tanne
Mein letzter Blick.
Ihr dorten seid Feinde
Und schlaget darein, —
Hier unter der Tanne
Im Abendschein,
Da legt ihr mich nieder
Zur letzten Ruh'
Und deckt mit den Zweigen
Der Tanne mich zu! “
So redet der Knabe,
Ein blühendes Kind,
Ihm flattern die Locken
Im Abendwind.
Es schaute sein Auge,
Sein strahlender Blick
Noch lange zur Tanne
Bewundernd zurück.
„Wir Freund' und ihr Feinde
Nun fort in den Wald! “
Und bald war der Jubel
Der Knaben verhallt.-
Und Jahre seitdem sind vergangen,
Den Wald sah man welken und blühn,
Doch stand, unberührt von dem Wechsel,
Die Tanne im ewigen Grün.
Noch rauschet der Wind in den Zweigen,
Noch ist es ein Wiegen und Wehn,
Noch ist es ein Flüstern und Neigen,
Als ob sie einander verstehn,
Als ob noch verklungene Sagen,
Die schon der Vergessenheit Raub,
Aus lange verschollenen Tagen
Durchsäuseln ihr zitterndes Laub.
Da nahet mit langsamen Schritten
Dem Baum eine trauernde Schar,