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2. „Lieb' Kindlein, ich stehe als Wegweiser hier
und zeige den Menschen hienieden
die sicherste Straße, o glaube es mir,
die einstens sie führet zum Frieden.
3. Hinauf dort, wo zeiget mein Finger stets hin,
soll'n alle die Menschen einst kmmen;
und dort ist die Heimat, und Freude wohnt drin,
doch nur für die Guten und Frommen.
4. Dies merke, mein Kindlein, so oft du mich siehst,
und wandle den Weg, den ich zeige!
Dann gehst du, wenn immer die Straße du ziehst,
einst ein auch zum himmlischen Reiche.“
185. Sonntag.
Der Sonntag ist gekommen, ein Sträußchen auf dem Hut,
sein Aug' ist mild und heiter, er meint's mit allen gut.
Er steiget auf die Berge, er wandelt durch das Thal,
er ladet zum Gebete die Menschen allzumal.
Und wie in schönen Kleidern nun pranget jung und alt,
hat er für sie geschmücket die Flur und auch den Wald.
Und wie er allen Freude und Frieden bringt und Ruh',
so ruf' auch du nun jedem „Gott grüß dich!“ freundlich zu.
186. Die wandelnde Glocke.
Es war ein Kind, das wollte nie zur Kirche sich bequemen, und
Sonntags fand es stets ein Wie, den Weg ins Feld zu nehmen.
Die Mutter sprach: „Die Glocke tönt, und so ist dir's befohlen;
und hast du dich nicht hingewöhnt, sie kommt und wird dich holen.“
Das Kind, es denkt: „Die Glocke hängt da droben auf dem Stuhle.“
Schon hat's den Weg ins Feld gelenkt, als lief es aus der Schule.
Die Glocke, Glocke tönt nicht mehr; die Mutter hat gefackelt; doch
welch' ein Schrecken! Hinterher die Glocke kommt gewackelt.
Sie wackelt schnell, man glaubt es kaum; das arme Kind, im
Schrecken, es läuft, es kommt als wie im Traum; die Glocke wird
es decken.
Doch nimmt es richtig seinen Husch, und mit gewandter Schnelle
eilt es durch Anger, Feld und Busch zur Kirche, zur Kapelle.
Und jeden Sonn- und Feiertag gedenkt es an den Schaden, läßt
durch den ersten Glockenschlag, nicht in Person sich laden.