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ich dann in der Todesangst vielleicht noch ein wenig,
so werde ich noch ausgelacht. Im Winter verfolgen sie
meine Spuren im Schnee oder füllen den Wald und das
Feld mit häßlichen Treibern, welche klappern und
schreien, bis wir armen Hasen unsern Zufluchtsort ver¬
lassen und vor die offenen Gewehre der Jäger laufen.
Und wäre unser Tod noch ehrenvoll, und würden wir
ehrlich begraben, wie ein Hund oder ein Pferd! Allein
unser Los ist, in die Küche zu wandern. Da streift uns
die blutige Hand einer Köchin den Balg ab und stopft
ihn aus, bis er verhandelt wird. Unser Kopf, unsere Beine
und Eingeweide werden in einem braunen Pfeffer zer¬
kocht ; und der Rest, das Beste an uns, wird mit Spick¬
nadeln zerfleischt und dann erst gebraten. Nachdem die
Menschen unser Fleisch abgeschält und verzehrt haben,
werfen sie die Knochen ihren Hunden vor. Nein, es ist
ein jämmerliches Schicksal, ein Hase zu sein.
Wilhelm Curtman.
123. Reineke Fuchs.
l.-fDie Anklage.
Es war einmal mitten im schönen Frühlinge. Das
liebliche Pfingstfest war gekommen. Alle Bäume, Hecken und
Blumen blühten, daß es eine Pracht war. In allen Büschen^
sangen die Vögel ihr munteres Lied. Da wollte der König
der Tiere, der Löwe, seinen Geburtstag feiern. Er schickte
viele Boten aus und ließ den Tieren sagen: „Kommt zum
Feste!"
Niemand sollte fehlen. Alle, die großen und die kleinen
Tiere, wurden eingeladen. Sie kamen auch alle; Wolf und Bär,
Dachs und Hase, Katze und Hund und auch das Panthertier
waren auf dem Feste. Auch alle Vögel und die Bienen,
Wespen und Mücken flogen herbei. Nur einer fehlte. Das war
Reineke, der Fuchs. Ter Schelm fürchtete sich, weil er viele