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7. „Mein Auge hing an deinem Angesichte,
An deines Himmels Harmonie mein Ohr;
Verzeih dem Geiste, der, von deinem Lichte
Berauscht, das Irdische verlor!"
8. „Was tun?" spricht Zeus, — „die Welt ist weggegeben, 5
Der Herbst, die Jagd, der Markt ist nicht mehr mein.
Willst du in meinem Himmel mit mir leben:
So oft du kommst, er soll dir offen sein."
72. Das Kind der Sorge.
Johann Gottfried v. Herder. 10
1. Einst saß am murmelnden Strome
Die Sorge nieder und sann,
Da bildet’ im Traum der Gedanken
Ihr Finger ein leimernes Bild.
2. „,Was hast du, sinnende Göttin?“
Spricht Zeus, der eben ihr naht.
„Ein Bild, von Tone gebildet,
Beleb’s, ich bitte dich, Gott!“
3. „Wohlan denn! lebe! — es lebet!
Und mein sei dieses Geschöpf!“
Dagegen redet die Sorge:
„Nein, laß es, laß es mir, Herr!
4. „Mein Finger hat es gebildet.“
„Und ich gab Leben dem Ton,“
Sprach Jupiter. Als sie so sprachen,
Da trat auch Tellus hinan.
5. „Meinist’s! Sie hat mir genommen
Von meinem Schoße das Kind.“ —
„Wohlan,“ sprach Jupiter, „wartet,
Dort kommt ein Entscheider, Saturn.“
6. Saturn sprach: „Habet es alle!
So will’s das hohe Geschick.
Du, der das Leben ihm schenkte, 15
Nimm, wenn es stirbet, den Geist!
7. „Du, Tellus, seine Gebeine!
Denn mehr gehöret dir nicht.
Dir, seiner Mutter, o Sorge,
Wird es im Leben geschenkt. 20
8. „Du wirst, so lang’ es nur atmet,
Es nie verlassen, dein Kind.
Dir ähnlich wird es von Tage
Zu Tage sich mühen ins Grab.“
9- Des Schicksals Spruch ist erfüllet, 25
Und Mensch heißt dieses Geschöpf.
Im Leben gehört es der Sorge,
Der Erd’ im Sterben und Gott.
73. Gedichte.
Johann Wolfgang v. Goethe.
Gedichte sind gemalte Fensterscheiben.
Sieht man vom Markt in die Kirche
hinein,
Da ist alles dunkel und düster;
Und so sieht's auch der Herr Philister;
Der mag dann wohl verdrießlich sein
Und lebenslang verdrießlich bleiben.
Kommt aber nur einmal herein,
Begrüßt die heilige Kapelle!
Da ist's auf einmal farbig helle,
Geschicht' und Zierat glänzt in Schnelle,
Bedeutend wirkt ein edler Schein;
Dies wird euch, Kinder Gottes, taugen,
Erbaut euch und ergötzt die Augen.