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Wir läuten gern mit lautem Schall.
Stoßt an mit dem Glücke von Edenhall!“
6. Erst klingt es milde, tief und voll,
Gleich dem Gesang der Nachtigall,
5 Dann wie des Waldstroms laut Geröll;
Zuletzt erdröhnt wie Donnerhall
Das herrliche Glück von Edenhall.
7. „Zum Horte nimmt ein kühn Ge¬
schlecht
10 Sich den zerbrechlichen Kristall;
Er dauert länger schon als recht:
Stoßt an! Mit diesem kräft’gen Prall
Versuch’ ich das Glück von Edenhall.“
8. Und als das Trinkglas gellend
15 springt,
Springt das Gewölb mit jähem Knall,
Und aus dem Riß die Elamme dringt;
Die Gäste sind zerstoben all
Mit dem brechenden Glücke von Eden-
20 hall.
9. Einstürmt der Eeind mit Brand
. und Mord,
Der in der Nacht erstieg den Wall;
Vom Schwerte fällt der junge Lord,
Hält in der Hand noch den Kristall,
Das zersprungene Glück von Edenhall.
10. Am Morgen irrt der Schenk
allein,
Der Greis, in der zerstörten Hall’;
Er sucht des Herrn verbrannt Gebein,
Er sucht im grausen Trümmerfall
Die Scherben des Glücks von Edenhall.
11. „Die Steinwand“, spricht er,
„springt zu Stück,
Die hohe Säule muß zu Fall,
Glas ist der Erde Stolz und Glück,
In Splitter fällt der Erdenball
Einst gleich dem Glücke von Eden¬
hall.“
c< 114. Aer Werter und der Wodensee.
Gustav Schwab.
1. Der Reiter reitet durchs Helle Tal;
Auf Schneefeld schimmert der Sonne Strahl.
25 2. Er trabet im Schweiß durch den kalten Schnee,
Er will noch heut an den Bodensee.
3. Noch heut mit dem Pferd in den sichern Kahn,
Will drüben landen vor Nacht noch an.
4. Auf schlimmem Weg, über Dorn und Stein,
30 Er braust auf rüstigem Roß feldein.
5. Aus den Bergen heraus ins ebene Land,
Da sieht er den Schnee sich dehnen wie Sand.
6. Weit hinter ihm schwinden Dorf und Stadt,
Der Weg wird eben, die Bahn wird glatt.
35 7. In weiter Fläche kein Bühl, kein Haus,
Die Bäume gingen, die Felsen aus.
8. So flieget er hin eine Meil' und zwei,
Er hört in den Lüften der Schneegans Schrei;
9. Es flattert das Wasserhuhn empor,
40 Nicht anderen Laut vernimmt sein Ohr;