Erst im November 800 traf Karl, umgeben von einer zahlreichen und
glänzenden Schar seiner weltlichen und geistlichen Großen, in Rom ein. Wie
er hier Gericht über den Papst und dessen Gegner hielt und wie Leo III. ihn
mit der Krone des römischen Reiches schmückte, das soll uns der Bericht der
Einhardschen Annalen erzählen.
„Am Tage vor seiner Ankunst kam ihm der Papst Leo bei Nomentum
entgegen und empfing ihn mit großer Verehrung. Nach dem Mahle, das
sie gemeinschaftlich einnahmen, kehrte der Papst nach der Stadt zurück, während
Karl in Nomentum blieb. Am andern Tage erwartete ihn Leo, auf den Stufen
der Kirche des heiligen Apostels Petrus stehend und umringt von Bischöfen und
der gesamten Geistlichkeit. Und da er vom Pferde stieg, empfing er ihn, Gott
Lob und Dank sagend, und geleitete ihn, während alle fromme Gesänge an¬
stimmten, Gott rühmend und preisend, in die Kirche des heiligen Apostels.
Dies geschah am 24. November.
Nach sieben Tagen aber rief der König eine Versammlung zusammen,
erklärte allen, warum er nach Rom gekommen sei, und bemühte sich täglich, das
auszuführen, was ihn nach Rom gerufen hatte. Dabei fing er mit der
schwierigsten Sache an, nämlich mit der Untersuchung der Verbrechen, die
dem Papste zur Last gelegt wurden. Da nun aber sich niemand fand, der die
Anklagen erhärten wollte, so bestieg vor allem Volke der Papst, das Evangelium
in der Hand, die Kanzel in der Kirche des heiligen Apostels Petrus, und nach¬
dem er den Namen der heiligen Dreieinigkeit angerufen hatte, schwor er einen
Eid, durch den er sich von den ihm vorgeworfenen Verbrechen reinigte. An
demselben Tage kam der Presbyter Zacharias, den der König nach Jerusalem
geschickt hatte, mit zwei Mönchen, welche der Patriarch zugleich mit ihm an
den König entsandte, nach Rom. Sie überreichten die Schlüssel zum Grabe
des Herrn und zum Calvarienberge nebst einer Fahne dem Könige. Gütig
nahm dieser sie auf und behielt sie einige Tage bei sich, und da sie zurück¬
zukehren wünschten, entließ er sie reich beschenkt.
Als aber Karl an dem heiligen Tage der Geburt unseres Herrn zur Feier
der Messe in die Kirche des heiligen Petrus kam und vor dem Altar zum
Gebet sich neigte, setzte ihm der Papst Leo eine Krone aufs Haupt unter dem
lauten Zuruf des Volkes: „Dem erhabenen Karl, dem von Gott gekrönten,
großen und friedbringenden Kaiser der Römer, Leben und Sieg!" Nach diesem
Rufe wurde ihm wie ehedem den alten Kaisern von dem Papste knieend
gehuldigt, er selbst von da an, mit Hinweglassung des Titels eines Patrizius,
Kaiser und Augustus genannt.
Wenige Tage darauf wurden auf sein Geheiß diejenigen, welche im Jahre
vorher den Papst abgesetzt hatten, vor Gericht gezogen und nach angestellter
Untersuchung nach römischem Rechte wegen Majestätsverbrechen zum Tode
verurteilt. Da jedoch der Papst milden Sinnes bei dem Kaiser für sie bat,
wurde ihnen zwar Leben und Sicherheit des Leibes gewährt, aber um der
Größe ihres Verbrechens willen mußten sie in die Verbannung gehen."
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