Full text: Deutsches Lese- und Bildungsbuch für katholische Präparandenanstalten

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zu Ehren und um sich selbst ob ihres Reichtums und ihrer Milde preisen zu 
hören, folgten die Fürsten nach, in Freigebigkeit einander überbietend. Freude 
und Wonne ging durch alle Stände des Volks. Was in der Zeit Schönes 
keimte und blühte, fand sich vereint. Eben jetzt erwachte die höfische Dichtkunst, 
5 ihre frühesten Klänge mögen in Mainz erklungen sein; Heinrich von Veldecke 
hat diese Tage selbst mitgefeiert und sie im Gesänge verherrlicht. Die Blüte 
des Rittertums, die Macht des Reichs, die Größe der Nation, die Glorie des 
Kaisertums faßte sich in einem hohen Bilde zusammen. Herr Guiot de Provins 
wußte, nach Frankreich heimgekehrt, was er gesehen hatte, nur mit den Hoftagen 
lO Alexanders und des Königs Artus zu vergleichen. Es war ein großes National¬ 
fest, wie Deutschland selten wieder eins gefeiert hat. 
Mit dem Abend des dritten Tages hatten die Festlichkeiten ein Ende; der 
Ruf aber von diesen Mainzer Pfingsten ward jetzt in nahe und ferne Lande 
von der Menge der Gäste getragen, „die alle froh von dannen schieden und 
15 Lob dem Könige sungen, ein jeder in seiner Zungen". 
269. Aas Turnierwesen. 
Gustav Freytag. 
Das größte Ritterfest war der Turnei, ein Massenkampf in abgestecktem 
Raum, die Teilnehmer immer in zwei Parteien geteilt, diese wieder in ver- 
20 schiedene Haufen, die einander unterstützten. Aufgabe der Haufen war, die 
Schar der Gegner zu durchreiten und die einzelnen daraus zu entwaffnen und 
gefangen zu nehmen. Die Turniere wurden um 1200 nicht nur bei großen 
Hoffesten angestellt, sondern auch von den Rittern einer Landschaft; es waren 
Spielkämpfe, welche das Rittertum in seinem höchsten Glanze zeigten. 
25 In der Stadt, die dem Turnierplätze nahe lag — und man hatte 
Ursache, volkreiche Städte mit kunstfertigem Handwerk zu wählen —, war in 
den Wochen vor dem Turnier geräuschvolles Treiben: Schmiede, Lederarbeiter 
Gewandschneider, Goldschläger, Maler, Federschmücker waren in angestrengter 
Tätigkeit; die Herbergen füllten sich, auch Privathäuser nahmen Einquartierung. 
30 Wer der Einladung zum Turnier folgte, zog stattlich ein und wandte leicht 
mehr Geld auf sich und sein Gefolge, als ihm nützlich war; denn die Edlen 
und Dienstmannen kamen mit großem Gefolge von Rittern, Knechten und 
Rossen, zuweilen auch mit Frauen. In den letzten Tagen vor dem Feste wogte 
es auf den Straßen und um die Herbergen; die Ritter, welche des Abends 
35 einander besuchten, ließen sich große Wachslichter vortragen; dann war die 
Stadt, deren Dunkel durch keine Straßenlaternen unterbrochen ward, hell 
erleuchtet. 
Unterdes hatte, wer das Turnier ausgeschrieben, die Aufgabe, die Partei¬ 
führer zu bestimmen; wurde er Führer einer Partei, so trug wenigstens die 
40 Schar, mit der er einritt, seinen Schild, und war er nicht der Landesherr 
selbst, so hatte er vornehme und erprobte Ritter um diese Gunst zu bitten.
	        
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