Full text: Deutsches Lese- und Bildungsbuch für katholische Präparandenanstalten

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Bevölkerung, die ja Frucht produziert, liefert — soweit sie nicht auch das Backen 
selber besorgt — dem Bäcker den geformten oder ungeformten Teig und zahlt 
einen gewissen Backlohn. Der Brotbäcker in der Stadt hingegen ist fast aus¬ 
schließlich Preishandwerker; denn die städtische Bevölkerung produziert in der 
5 Regel keine Brotfrucht, sie kauft von ihm zu einem bestimmten Preise das Brot, 
zu dem er selbst das Mehl geliefert hat. So wirken heute Interesse, Vermögen 
und Belieben des Abnehmers auf die Gestaltung des Gewerbebetriebes mitbe¬ 
stimmend ein, und sie haben es wahrscheinlich auch vor alters getan. Man 
wird demnach die Entwicklung des Kaufhandwerks aus dem Lohnwerk schwer- 
10 lich als die Regel hinstellen dürfen. Zu diesem Ergebnis führt auch die Be¬ 
obachtung, daß die Handwerker in den deutschen Städten des Mittelalters 
schon frühzeitig sich am Markte beteiligen. 
Je mehr Handel und Verkehr emporkamen, desto weniger beschränkten sich 
die Handwerker darauf, auf Bestellung zu arbeiten, desto mehr arbeiteten sie 
15 auf Vorrat und zum Verkaufe. Durch diesen Schritt wurde aus dem reinen 
Handwerker ein Kaufmann, da er die auf Vorrat gearbeitete Ware zum feilen 
Verkaufe bringen mußte. Es entwickelte sich dadurch beim Handwerker das 
Bedürfnis nach einer Verkaufsstelle, nach einem Laden, wie wir es nennen 
würden. Die Einrichtung einer solchen Verkaufsstelle war aber im Mittel- 
20 alter nicht so einfach wie heutzutage; denn in jenen Zeiten bot der Staat 
weder eine solche Verkehrsfreiheit, noch eine solche Verkehrssicherheit, wie wir 
sie als selbstverständlich vorauszusetzen uns gewöhnt haben. Im Mittelalter 
war nur den Orten Verkehrsfreiheit gewährt, in denen man die Verkehrs¬ 
sicherheit verbürgen konnte: es waren die Städte mit ihrer Marktgerechtigkeit. 
25 Wichtiger noch als das Wohnen am Marktorte war für den Handwerker der 
Besitz einer Verkaufsstelle auf dem Marktplatze. Es ist nun klar, daß es bei 
zunehmender Handwerkerbevölkerung nicht für alle möglich war, sich am Markte 
selbst ein Haus zu erwerben. Man mußte sich daher anderweitig zu helfen 
versuchen. In frühesten Zeiten haben die Handwerker nachweisbar auf Tischen 
30 oder in leicht aufzuschlagenden, leicht abzubrechenden Buden, wie wir sie noch 
heute auf unseren Jahrmärkten sehen, ihre Ware feilgeboten. Doch waren das 
nur Notbehelfe, die bei reger entwickeltem Verkehr umsoweniger vorhalten 
konnten, als weder Ware noch Verkäufer bei solchen primitiven Einrichtungen 
Schutz gegen Wind und Wetter, sowie gegen Diebeshände fanden. Aber nicht 
35 nur Käufer und Verkäufer hatten ein Interesse daran, daß diese Verhältnisse 
sich besser gestalteten, auch die Obrigkeit, welche den Markt beschützte und infolge¬ 
dessen das Standgeld dafür einzog, mußte es gerne sehen, wenn durch Ver¬ 
besserung der Einrichtungen dem Markte eine gewisse Stetigkeit gewährleistet 
wurde. So begann denn die Stadtobrigkeit der baulichen Ordnung des Marktes 
40 ihre Aufmerksamkeit zu widmen. Auf stadtherrlichem oder städtischem Grund 
und Boden errichtete sie feste Buden, Gaden, Lauben. Hallen, Kaufhäuser und 
schuf damit eine Reihe zweckmäßiger Verkaufsstellen, wobei die Anordnung 
getroffen ward, daß die Verkäufer der nämlichen Ware ihren Stand neben¬
	        
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