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Dem Võglein ist's im Nest so kalt:
„Lieb Mutter, wir erfrieèren bald.
Ach, bist du uns denn gar entfloh'n?“
Die spricht: „Hier, Rinder, bin ich schon,
mach euch ein warmes Nest zum Lohn.“
Guten Abend!
Drauf ssschliebht die Blum' ihr Pförtelein,
der Vogel singt die Kleinen ein
und deckt sie mit den Hügeln weich.
Da kommt der Abendwind sogleich
und wiegt in Ruhe Blum' und Zweig.
Guten Abend!
Rudolf Lõwenstein
109. Rãtsel.
Es wandelt still und ganz allein
des Nachts umher beim Sternenschein,
nur selten auch am hellen Tag;
doch immer dann ganz bleich und schwach.
Bald nimmt es ab, bald nĩimmt es zu
und findet keine Rast und Ruh..
Vertasser unbekannt.
110. An den Mond.
Guter Mond, du gehst so stille
durch die Abendwolken hin;
deines Schöpfers weiser Wille
hieß auf jener Bahn dich zieh'n.
Leuchte freundlich jedem Mũden
in das stille Kämmerlein
und dein Schimmer giehe hrieden
ins bedrängte Herz hinein.
Guter Mond, du wandelst leise
an dem blauen Himmelszelt,
wo dich Gott zu seinem Preise
hat als Leuchte hingestellt.
Blicke traulich auf uns nieder
durch die Nacht aufs Erdenrund!
als ein treuer Menschenhũter
tust du Gottes Liebe kund.