244 Goethes Zeitg
3. Ihn bringt das Vaterland aus seiner
Fülle,
wie wär' er sonst so gut!
Wie wär' er sonst so edel, wäre stille
und doch voll Kraft und Mut!
Er wächst nicht überall im deutschen
Reiche:
und viele Berge, hört,
sind, wie die weiland Kreter, faule
Bäuche,
und nicht der Stelle wert.
»-Thüringens Berge zum Exempel
bringen
Gewächs, sieht aus wie Wein:
ist's aber nicht. Man kann dabei nicht
singen,
dabei nicht fröhlich sein.
«-Im Erzgebirge dürft ihr auch nicht
suchen,
wenn ihr Wein finden wollt.
Das bringt nur Silbererz und Kobalt¬
kuchen,
und etwas Lausegold.
- Der Blocksberg ist der lange Herr
Philister,
er macht nur Wind wie der:
drum tanzen auch der Kuckuck und sein
Küster
aus ihn: die Kreuz und Quer.
«- Am Rhein, am Rhein, da wachsen
unsre Reben:
gesegnet sei der Rhein!
Da wachsen sie am User hin und geben
uns diesen Labewein.
z-So trinkt ihn denn, und laßt uns alle¬
wege
uns freun und fröhlich sein!
Und wüßten wir, wo jemand traurig
läge,
wir gäben ihm den Wein.
5. Motcttv.
Als der erste Zahn durch war.
r. Viktoria! Viktoria!
Der kleine weiße Zahn ist da,
du, Mutter! komm, und groß und klein
im Hause! kommt und guckt hinein,
und seht den hellen weißen Schein.
a'ossen: Claudius. [-4]
s- Der Zahn soll Alexander heißen.
Du liebes Kind! Gott halt' ihn dir
gesund
und geb dir Zähne mehr in deinen
Mund,
und immer was dafür zu beißen.
6. Fritze.
Nun mag ich auch nicht länger leben,
verhaßt ist mir das Tageslicht:
denn sie hat Franze Kuchen gegeben,
mir aber nicht.
7. Die Sternscherin Life.
i. Ich sehe oft um Mitternacht,
wenn ich mein Werk getan
und niemand mehr im Hause wacht,
die Stern' ani Himmel an.
2- Sie gehn da, hin und her zerstreut
als Lämmer auf der Flur:
in Rudeln auch, und aufgereiht
wie Perlen an der Schnur:
3- und funkeln alle weit und breit,
und funkeln rein und schön:
ich seh' die große Herrlichkeit,
und kann mich satt nicht sebn ....
4- Dann saget, unterm Himmelszelt,
mein Herz mir in der Brust:
„Es gibt was Besser's in der Welt
als all' ihr Schmerz und Lust."
2- Ich werf' mich auf mein Lager hin,
und liege lange wach,
und suche es in meinen: Sinn,
und sehne mich danach.
Gottfried Bürger.
8. Lenore.
1773.
l. Lenore fuhr ums Morgenrot
empor aus schweren Träumen:
„Bist untreu, Wilhelm, oder tot?
Wie lange willst du säumen?" —
Er war mit König Friedrichs Macht
gezogen in die Prager Schlacht
und hatte nicht geschrieben,
ob er gesund geblieben.
--Der König und die Kaiserin,
des langen Haders müde,
erweichten ihren harten Sinn
und machten endlich Friede:
und jedes Heer, mit Sing und Sang,
mit Paukenschlag und Kling und Klang,