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Die Erben der großen Zeit.
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»-Im Osten starb der große Chan,
Auf Indiens Zimmetinseln
Starb Negerfürst und Muselmann,
Man hört auch nachts in Jspahan
Beim Aas die Hunde winseln.
io- Byzanz war eine schöne Stadt,
Und blühend lag Venedig;
Nun liegt das Volk wie welkes Blatt,
Und wer das Laub zu sammeln hat,
Wird auch der Mühe ledig.
11. An Nordlands letztem Felsenriff,
In einen kleinen Hasen
Warf ich ein ausgestorbnes Schiff,
Und alles, was mein Hauch ergriff,
Das mußte schlafen, schlafen.
12. Sie liegen in der Stadt umher,
Ob Tag' und Monde schwinden;
Es zählt kein Mensch die Stunden mehr,
Nach Jahren wird man öd' und leer
Die Stadt der Toten finden.
ViKkor Schrffel.
71. Dörpertanzweise.
Zu Ehren Heinrichs von Ofterdingen gedichtet.
1- Den Finken des Waldes die Nachtigall ruft:
„Von Geigenstreich schallt es goldrein durch die Lust,
ihr Zwitschrer, ihr Schreier, nun spart den Diskant,
der Heini von Steier ist wieder im Land!"
2. Flickschuster im Gaden schwingt's Käpplein und spricht:
„Der Himmel in Gnaden vergißt unser nicht,
Sohlleder wird teuer, Bundschuh platzt am Rand,
der Heini von Steier ist wieder im Land!"
2- Schon schwirren zur Linde, berückt und entzückt
die lieblichen Kinder mit Kränzen geschmückt:
„Wo säumen die Freier? Manch Herz steht in Brand . . .
der Heini von Steier ist wieder im Land!"
Und wer schürzt mit Schmunzeln den Rock sich zum Sprung?
Großmutter in Runzeln, auch sie wird heut jung . . .
Sie stelzt wie ein Reiher dürrbeinig im Sand . . .
der Heini von Steier ist wieder im Land!
b- Der Hirt läßt die Herde, der Wirt läßt den Krug,
der Knecht läßt die Pferde, der Bauer den Pflug,
der Vogt und der Maier kommt scheltend gerannt:
„Der Heini von Steier ist wieder im Land!"
e-Der aber hebt schweigend die Fiedel zur Brust. . .
Halb brütend, halb geigend — des Volks unbewußt,
leis knisternd strömt Feuer um Saiten und Hand . . .
der Heini von Steier ist wieder im Land!
7-... Im Gärtlein der Nonnen auf blumiger Höh
lehnt eine am Bronnen und weint in den Klee:
„O Gürtel und Schleier, . . o schwarzes Gewand . . .
der Heini von Steier ist wieder im Land!"
72. Die Fahndung.
Aus den Liedern vom Rodenftein.
1855.
Und wieder sprach der Rodenstein:
„Pelzkappenschwerenot!
Hans Breuning, Stabstrompeter, mein,
bist untreu oder tot?
Lebst noch? .. Lebst noch und hebst noch?
Man g'spürt dich nirgend mehr . . .
Schon naht die durstige Maiweinzeit,
du mußt mir wieder her!"