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Wann klingst du, Lied vom braven Mann,
Wie Orgelton und Glockenklang?
Wohlan, so nenn' ihn, nenn' ihn dann!
Wann nennst du ihn, mein schönster Sang?
Bald nahet der Mitte der Umsturz sich;
O braver Mann, braver Mann, zeige dich.
Rasch galoppiert' ein Gras hervor.
Auf hohem Roß, ein edler Graf.
Was hielt des Grafen Hand empor?
Ein Beutel war es, voll und straff. —
„Zweihundert Pistolen sind zugesagt
Dem, welcher die Rettung der Armen wagt!"
Wer ist der Brave? Jst's der Graf?
Sag' an, mein braver Sang, sag' an!
Der Graf, beim höchsten Gott! war brav;
Doch weiß ich einen bravern Mann.
O braver Mann, braver Mann, zeige dich
Schon naht das Verderben sich fürchterlich. —
Und immer höher schwoll die Flut,
Und immer lauter schnob der Wind;
Und immer tiefer sank der Mut.
O Retter, Retter, komm geschwind!
Stets Pfeiler bei Pfeiler zerborst und brach;
Laut krachten und stürzten die Bogen nach.
„Halloh! Halloh! frisch aus gewagt!"
Hoch hielt der Graf den Preis empor;
Ein jeder hört's, doch jeder zagt;
Aus Tausenden tritt keiner vor.
Vergebens durchheulte, mit Weib und Kind,
Der Zöllner nach Rettung den Strom und Wind.
Sieh, schlecht und recht, ein Bauersmann
Am Wanderstabe schritt daher,
Mit grobem Kittel angethan.
An Wuchs und Antlitz hoch und hehr.
Er hörte den Grafen, vernahm sein Wort
Und schaute das nahe Verderben dort.
Und kühn, in Gottes Namen, sprang
Er in den nächsten Fischerkahn;
Trotz Wirbel, Sturm und Wogendrang
Kam der Erretter glücklich an.
Doch wehe! der Nachen war allzuklein.
Der Retter von allen zugleich zu sein.