Full text: Für Präparandenanstalten (Teil 1)

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222. Kaiser Friedrichs III. letzte Fahrt. 
Theodor Fontane. 
„Ich sähe wohl gern — er sprach es 
stumm — 
Noch einmal die Plätze hier herum. 
Am liebsten auf Alt-Oeltow zu, — 
Und ihr kommt mit, die Kinder und du." 
Das Dorf, es lag im Sonnenschein; 
In die stille Kirche tritt er ein, 
Die Wände weiß, die Fenster blank, 
Zu beiden Seiten nur Bank an Bank; 
Und auf der letzten — er blickt empor 
Auf Orgel und auf Orgelchor 
Und wendet sich und spricht: „Wie gern 
Vernähm ich noch einmal: Lobe den 
Herrn. 
Den Lehrer im Feld, ich mag ihn 
nicht stören; 
Viky, laß du das Lied mich hören!“ 
Und durch die Kirche klein und kahl, 
Als sprächen die Himmel, ertönt der 
Choral: 5 
Und wie die Töne sein Herz bewegen, 
Eine Lichtgestalt tritt ihm entgegen. 
Eine Lichtgestalt, an den Händen beiden 
Erkennt er die Male: „Dein Los war 
leiden, 10 
Du lerntest dulden und entsagen; 
Drum sollst du die Krone des Lebens 
tragen. 
Du siegtest, nichts soll dich fürder 
beschweren: 15 
Lobe den mächtigen König der Ehren..." 
Die Hände gefaltet, den Kopf geneigt, 
So lauscht er der Stimme. 
Die Orgel schweigt. 
223. Kaiserin Augusta f. 20 
Karl v. Gerok. 
1. Und nun auch Du! — Die letzte der Genossen 
Beschließe den erlauchten Totenzug! 
Nun erst ist ganz die große Zeit verflossen, 
Seit man auch Dich zur Ruhekammer trug. 25 
Noch schimmerte von glorreich schönen Tagen 
Auf Deiner Stirn ein blasser Widerschein; 
Die Herzen, die den Toten einst geschlagen, 
Als edles Erbteil nanntest Du sie Dein! 
2. Noch einmal steigen die verklärten Schatten 30 
An Deiner Bahre rührend uns herauf: 
Die Lichtgestalt des ruhmgekrönten Gatten, 
Dem Du verschönt den strengen Heldenlauf; 
Der tapfre Sohn, voll milder Huld und Güte, 
Der ritterlich den Kelch der Leiden trank; 35 
Der Enkel, der in reiner Jugendblüte 
Vom Sturm geknickt aufs Totenlager sank. 
3. Du warst gebenedeit vor tausend Frauen 
Und warst geprüft in namenlosem Weh, 
Als Jubelbraut im goldnen Kranz zu schauen 40 
Und auch als Schmerzensmutter Niobe; 
Ein fürstlich Bild an Deines Helden Arme, 
Als noch Dein Weg mit Rosen war besät, 
Doch größer noch in Deinem Witwenharme, 
In Deines Schmerzes stiller Majestät. 
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