Metadata: Prosa für Präparandenanstalten (Teil 1, [Schülerband])

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Aber das Panorama der Inselstadt und des sie umgebenden 
Hafens ist in der Tat wunderbar schön. Überall vereinigen sich belebte 
Wasserflächen, grüne Parks und Gärten, malerische Felsengruppen, 
liebliche Inseln und dräuende Forts zu großartigen Bildern, deren 
Hintergrund stets die kolossalen, hoch über das ganze Hafenbild empor— 
ragenden Häusermassen der Weltstadt sind. 
Dem von Europa Kommenden zeigen sich zunächst nur blaue, 
schwach gewellte, unbestimmte Linien am Horizonte, die erst allmäh— 
lich schärfere Formen annehmen. Die großen, langen Wellen des 
io offenen Meeres werden kürzer und ruhiger, der Lauf des Schiffes 
sicherer. Signalflaggen und die Trikolore des Deutschen Reiches fliegen 
an den Masten empor, und eine halbe Stunde später liest das noch 
mehrere Seemeilen entfernte New VYork in den noch druckfeuchten 
Zeitungen bereits die Ankunft unseres Dampfers, während, dank dem 
s Zeitunterschiede, Europa unsere Ankunft bereits einige Stunden früher 
erfährt. An dem Leuchtturm von Sandy-Hook, der auf einer weit in 
die Bucht hineinreichenden niedrigen Sandbank steht, vorbeidampfend, 
erreichen wir die Bai von New Vork. 
Die reich bewaldeten, dunkelgrünen, mit leichtem Nebel ange— 
2o hauchten Ufer nähern sich zu beiden Seiten und lassen an ihrem 
unteren Rande eine Reihe von Städten, Dörfern und Landsitzen sehen, 
von den Strahlen der Sonne geküßt und von der Brandung des 
Meeres bespült. Die nördlichen Uferlinien gehören der Insel Long— 
Island, die südlichen ihrer kleineren, zum Staate New Jersey gehörigen 
2s Zwillingsinsel Staten-Island an. Dort, wo sich diese beiden Inseln 
einander am meisten nähern, sind die „Narrows“.*) Durch diesen 
Meeresarm, den eigentlichen Torweg der Neuen Welt fahrend, ge— 
langen wir in den Hafen von New NYork. 
Großartiges Seeleben entfaltet sich hier vor den erstaunten Blicken 
zo und fesselt die Aufmerksamkeit in erster Linie. Zahllose Schiffe aller 
Länder, kolossale sechs- und achttausendtonnige Passagierdampfer, 
pustende, stöhnende Frachtschiffe, stolze Dreimaster und Briggs, Barken 
und schlanke Pilotenboote fliegen an uns vorüber. Die Flaggen und 
Wimpel aller seefahrenden Völker der Erde ziehen an unserem Schiffe 
vorbei — unbekümmert um dasselbe, wie Menschen, die sich auf dem 
Broadway begegnen — nach allen Küsten und Städten der Ozeane 
bestimmt, nach Kalifornien wie nach Mexiko und Argentinien, nach 
England wie nach Indien, Japan und dem Kap. Die Segel sind 
*) Engpaß.
	        
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