Full text: Prosa für Präparandenanstalten (Teil 1, [Schülerband])

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man aufgehoben hat, gerät in Schwingung, sobald in der Nãhe und 
stark genug ihr eigener Ton angegeben wird. Rört der erregende 
Ton auf, so hört man denselben Ton noch auf der Saite eine 
Weile nachklingen. Legt man Papierschnitzelcken auf die Saite, 
s s0 werden sie abgeworfen, sowie ihr Ton angegeben wird. Das 
Mittönen der Saite beruht darauf, dals die schwingenden Luft— 
teilchen gegen die Saite und ihren Resonanzboden stolsen. 
Jeder einzelne Wellenberg der Luft, der an der Saite vorbei— 
geht, wirkt allerdings zu schwach, um eine merkliche Bewegung 
io der Saite hervorzubringen. Wenn aber eine lange Reihe von 
Wellenbergen so auf die Saite stossen, dals jeder folgende die 
kleine Erschütterung vermehrt, welche die vorigen zurũckgelassen 
haben, so wird die Wirkung endlich merklich. Es ist ein Vorgang 
derselben Art wie bei einer Glocke von ungeheurem Metallgewicht, 
i die sich unter dem Stosse des kräftigsten Mannes kaum merklich 
bewegt, während ein Knabe sie allmählich in die gewaltigsten 
Schwingungen setzen kann, indem er taktmässig in demselben 
Rhythmus, wie die Glocke ihre Pendelschwingungen vollführt, 
an dem Stricke zieht. 
20 Diese eigentümliche Verstärkung der Schwingungen hängt 
hierbei ganz wesentlich von dem Rhythmus ab, in welchem der 
Zug ausgeübt wird. Wenn die Glocke einmal in Pendelschwin- 
gungen von mãlssiger Breite versetzt worden ist und der Knabe 
am Seile immer gerade in der Zeit zieht, wo das Seil sich senkt 
ꝝ* und wo sein Zug der schon vorhandenen Bewegung der Glocke 
gleichgerichtet ist, so wird jeder solcker Zug diese Bewegung, 
wenn auch nur wenig, verstärken; dadureh wird sie aber allmäh- 
lich zu einer beträchtlichen Grösse anwachsen. 
Wollte der Knabe in unregelmässigen Zwischenzeiten seine 
30 Kraft anwenden, bald so, dass er die Bewegung der Glocke dadurch 
verstãrkt, bald so, dass er ihr entgegenarbeitet, so würde er keinen 
erheblichen Erfolg hervorbringen. 
Wie der Knabe die Glocke so können auch die Zitterungen 
der leichfon und leicht beweglichen Luft die schwere und feste 
s5 Stahlmasst einer Stimmgabel in Bewegung setzen, wenn der Ton, 
der in der Luft erregt ist, genau im Einklange mit dem der Gabel 
ist, weil auch in diesem Falle jeder Anprall einer Luftwelle gegen 
die Gabel die von den vorausgehenden Stölsen ähnlicher Art er— 
regte Bewegung verstãrkt. 
10 Am besten benutzt man eine Gabel, die auf einem Resonanz— 
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