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Neue Geschichte. 3. Periode. Preußen. 
gesetzt. Der König hoffte, daß die Richter ihn zum Tode ver- 
urtheilen würden, so aufgebracht war er. Er nannte ihn nicht 
anders als den Delinquenten oder den entlaufenen Oberst¬ 
lieutenant Fritz. Niemand als seine nächsten Umgebungen wag¬ 
ten ihm zu nahe zu kommen; er wollte durchaus Blut stießen 
sehen. Der unglückliche Katt war indessen auch eiligst in Berlin 
festgenommen worden und wurde ohne Umstände zur Enthaup¬ 
tung verurtheilt, so viel Fürsprache auch von allen Seiten für 
ihn eingelegt wurde, da er ja nichts gethan und nur um die 
Entweichung gewußt hatte. Der Kronprinz wurde vom Kriegs¬ 
gericht zum Tode verurtheilt; nur zwei Generale hatten für Be¬ 
gnadigung gestimmt; aber die Vorstellungen mehrerer angesehenen 
Generale und selbst auswärtiger Fürsten retteten ihn vor der 
ihm angedrohten Todesstrafe.*) Aber der König schickte ihn auf 
die Festung Küstrin. Hier sperrte man ihn in ein kleines 
Stübchen ein und erlaubte ihm nicht einmal, anders als zum 
Essen Licht zu brennen. Man gab ihm nur hölzerne Schemel; 
das Essen wurde ihm, weil Gabel und Messer ihm versagt wa¬ 
ren, geschnitten gereicht. Zum Lesen erhielt er nichts als eine 
Bibel und einige Andachtsbücher. Das Härteste aber war, daß 
der König ausdrücklich befahl, er solle der Hinrichtung seines 
Freundes Katt zusehen. Dieser wurde unter starker Bewachung 
nach Küstrin gebracht und hier augenblicklich auf das Blutgerüst 
geführt, welches vor dem Fenster des Kronprinzen aufgeschlagen 
war. Jetzt rollte die verschlossene Gardine des Zimmers hinauf, 
er sah plötzlich das schwarz ausgeschlagene Gerüst, und wurde 
gezwungen, ans Fenster zu treten. Als er Katt erblickte, wollte 
er sich aus dem Fenster stürzen, und als man dies verhinderte, 
bat er flehentlich, die Hinrichtung aufzuschieben; er wolle an den 
König schreiben und für den Preis der Begnadigung seines 
Freundes seinem Rechte auf die Thronfolge entsagen. Das dürfe 
man nicht, antwortete man ihm, der König sei unerbittlich. „O 
mein liebster Katt," rief er nun, „wie unglücklich bin ich! Ich 
bin schuld an Ihrem Tode! Wollte Gott, ich stände an Ihrem 
Platze!" — „Ach, gnädiger Herr," antwortete Katt, „wenn ich 
tausend Leben hätte, so würde ich sie alle gern für Sie hin- 
*) General Buddenbrock, ein Liebling des alten Königs, riß sich die Wesie 
auf und rief heldenmnthig: „Wenn Ew. Majestäl Blut verlangen, so nehmen 
Sie meines; jenes bekommen Sie nicht, so lange ich noch sprechen darf!"
	        
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