Full text: Von Vulfila bis zum Ende des 19. Jahrhunderts (Hälfte 1, [Schülerband])

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Die Pewrin spricht: 
Jha, du mein hertzen lieber Man, 
Erst vermerck ich dein trewes Hertz. 
280 Ich sag dir das in keinem schertz. 
Wolt Gott, das du auch stürbest morgen, 
Das du nur sehest vnuerborgen, 
Wie ich dir auch geleicher weiß 
Nach schicken wolt ins Paradeiß, 
285 Nichts ich so weit zu hinterst *) het. 
Das ich dir nit zu schicken thet: 
Gelt, kleider, Kelber, genß vnd Sew, 
Das du erkennest auch mein trew, 
Die ich dir hindn vnd foren^) trag. 
Der Pawer spricht: 
290 Mein Weib, nichts von den dingen sag, 
Solch Geistlich ding sol heimlich sein. 
Die Pewrin spricht: 
Es weiß schon die gantz dorff gemein. 
Der Pawer spricht: 
Ey, wehr hats jn gesagt so baldt? 
Die Pewrin spricht: 
Ey, eh du nein riebts3 *) in den Waldt, 
295 Hab ichs gesagt von trumb^) zu endt, 
Was ich meim Mann hab hin gesendt 
Ins Paradeiß, gar mit andacht. 
Ich mein, sie haben mein gelacht 
Vnd sich alle gefrewdt mit mir. 
Der Pawr spricht: 
Zoo Ey, das vergelt der Teuffel dir! 
Sie haben all nur dein gespodt! 
Wie hab ich ein Weib, lieber Gott! — 
Geh nein, richt mir ein Millich ahn. 
Die Pewrin spricht: 
Jha, kumb hernach, mein lieber Man. 
Die Pewrin gehet auß. 
Der Pawr beschleust: 
Der Man kan wol von vnglück sagen, 3os 
Der mit eim solchn Weib ist erschlagen, 
Gantz ohn verstandt, vernunfft vnd sin, 
Geht als ein dolles Viech dahin, 
Baldt glaubich^), doppisch vnd einfeltig, 
Der muß er lign im zäum geweltig, 310 
Das sie nicht verwarloß sein gut. 
Doch weil sie hat ein trewen muht, 
Kan er sie dester baß gedulden8), 
Wan es kumbt auch gar offt zu schulden, 
Das dem Mann auch entschlüpfst7) ein fuß, 335 
Das er ein federn lassen muß, 
Etwan leit8) schaden durch betrug, 
Das er auch ist nit weyß genug. 
Denn zieh man schad gen schaden ab, 
Darmit man friedt im Ehstandt hab 320 
Vnd keyn vneinigkeyt aufs wachs; 
Das wünschet vns allen Hans Sachs. 
Die Person inn das Spiel: 
Der farendt Schüler 1 
Der Pawr 2 
Die Pewrin 3 
Anno M.D.L. Jar. 
Am VIII. Tag October. 
IV. Protestantische Polemik. 
Johann Fischart, gen. Menher (1550 ?—1591 ?). 
Quellen: Goedeke, Dichtungen von Johann Fischart (Goedeke und Tittmann, Deutsche Dichter des 
XVI. Jahrh. Bd. 15. Lpz. 1880). Haussen, Johann Fischarts Werke. Eine Auswahl. (Kürschners 
Deutsche Nationallit. Bd. 18, 1—3. Stuttgart so. J.s). 
Das Glürtchafft Schiff von Zürich (1576). 
(Gekürzt.) 
Xerxes hat auf seinem Zuge gegen Griechen¬ 
land vergeblich sich das Meer durch Züchtigung 
und Fesselung dienstbar zu machen versucht, Venedig 
umsonst alljährlich eine Vermählung mit der Adria 
gefeiert, um freundliche Beziehungen zwischen sich 
und der Meeresflut zu schaffen. Wasser und Flüsse 
werden der Menschheit nur gefügig durch „hant- 
fest Arbeitsainkeyt vnd standhafft vnverdrossenheit", 
1) zu hinterst = zurückgelegt. 2) hindn vnd foren, überall. 3) riedts, rittest. 
4) trumb (Drum, Trum), Ende. 5) baldt glaubich, leichtgläubig. 6) gedulden, geduldig 
ertragen. 7) entschlüpfst, ausgleitet. 8) leit, leidet.
	        
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