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früher von Kellen bewohnte Gebiet zwischen Harz und Erzgebirge. Ihnen verdanken
die ersten größeren Lichtungen im Urwaldgebiete des Teltow ihre Entstehung. Die
durch Urnen, Flachgräber, ganze Urnenfriedhöfe, einzelne Fundobjekte aus Bronze,
später aus Bronze und Eisen gekennzeichneten Wohnstätten ziehen sich südlich von
Berlin über den Kreuzberg bis Tempelhof, westlich und südwestlich über Schöneberg,
Wilmersdorf, südöstlich über Rixdorf, Britz und Rudow. Da Schmargendorf,
Dahlem und Zehlendorf keine Funde geliefert haben, also nicht besiedelt waren,
so erstreckte der Wald sich damals in der doppelten Breite des heutigen Forstes
ungefähr bis an die Beke oder das Teltefließ.
In tiefem Frieden flössen den märkischen Ursueben die Jahrhunderte dahin,
kaum daß die Befreiungskämpfe unter Armin hier tiefere Bewegung hervorriefen.
In der Tat: sie lagen auf Bärenhäuten u.s.w. Aber die Bevölkerung wuchs, und
während die kriegs- und tatendurstige Jugend in die lockende Ferne zog und mit
Gold, Beute und ehrenvollen Narben heimkehrte, hieben die Alten daheim Wunde
um Wunde, Lichtung um Lichtung in den Wald, um der Erde Brot für Weib
und Kind abzuringen. Aber der karge Boden, weder wie heute mit tiefgehenden
Pflügen aufgewühlt noch rationell gedüngt und mit wechselnder Frucht besät, ver¬
sagte sich endlich seinen Bedrängern, und das Gespenst des Hungers begann die
Niebezwungenen zu ängstigen. Da rüstete die Menge sich zum Auszug. Wo so
viel Tausende von Brüdern und Stammesgenossen eine neue Heimat gefunden, im
sonnigen Süden, wollte auch sie eine solche gründen. Das Drängen und Pochen
slavischer Stämme an den Ostgrenzen der Mark mag diesen Entschluß befestigt
haben. So griff um 400 n. Chr. das Semnonenvolk nach tausendjähriger un¬
bestrittener Herrschaft über die Spree- und Havelgaue freiwillig zum Wanderstabe.
Um 500 war die heutige Mittelmark von den Germanen geräumt. Allerlei An¬
zeichen, z. B. bis auf unsere Zeit erhaltene altgermanische Flurbezeichnungen, Götter¬
namen und Mythenreste, sprechen dafür, daß die nachdringenden Slaven im Lande
zurückgebliebene Volkssplitter trafen, mit denen sie sich wahrscheinlich friedlich ver¬
einigten und leiblich wie geistig verschmolzen. Hat man doch die Vermutung auf¬
gestellt, daß die Heveller, die Havelgauleute der Wendenzeit, keine Slaven, sondern
Germanen gewesen seien.
Um 600 n. Chr. haben die Slaven die Elbe erreicht. Mit ihrem Einzug
beginnt für unsere Gegend die eigentliche Eisenzeit. Im Gegensatz zu den Germanen
siedelte der Wende sich mit Vorliebe in den Niederungen, an den Seen und Strömen
an; die zerstreuten germanischen Wohnsitze werden durch volkreichere wendische An¬
siedlungen längs des Spree- und Havellaufes ersetzt: auf den Inseln und Halbinseln
bei Köpenick, Treptow, Stralau, Berlin und — näher dem Grunewald — zu
Lietzow, Spandau, Pichelsdorf-Pichelswerder und am Wilmersdorfer See. Von
ihren abgesondert liegenden, zum Teil auf Pfahlwerk errichteten Fischerdörfern
führen noch heute manche Lokalitäten den wendischen Namen Kiez. Über die ersten
Jahrhunderte der Wendenherrschaft in unserer Gegend fehlt es gänzlich an Nach¬
richten. Im 10. Jahrhundert hielt das Christentum allmählich seinen Einzug in
die slavischen Gaue zwischen Elbe und Oder, so daß Kaiser Otto I. im Jahre 965