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Noch Irold von Ortland erfuhr von seinem Grolle,
Daß Herwig der kühne Hetteln mit Gewalt heimsuchen wolle.
Da es nun Hettel wußte, daß er mit seiner Schar
Ihn zu überziehen unterweges war,
Er sagt' es seinen Mannen und beiden Königinnen.
„Was sagt ihr dazu?“ sprach er, „wir werden üble Gäste gewinnen.“
„Was soll ich dazu sagen? Es ist wohl und gut.
Es dünkt mich nicht unbillig, was ein Ritter tut
Uns zu Lieb' und Leide, führt es zu seinem Preise.
Wie möcht' ihm wohl mißlingen? Herwig ist so tapfer und weise.
Wir müssen nur verhüten,“ sprach er, „Königin,
Daß er Eure Helden beschwert mit Ungewinn.
Ich habe sagen hören, daß er Euch zu kränken
Mit so viel Helden komme, daß ihm zu lohnen Gudrun müsse denken.“
Sie hatten schon zu lange, der König und sein Bann,
Gesäumt: so war es Herwig, der hier das Spiel begann.
An einem kühlen Morgen lam er und seine Gäste
Vor Hettels Burg gezogen: mit seiner Hand vollbracht' er da das Beste.
Da noch die Recken schliefen in König Hettels Saal,
Ein Wächter von den Zinnen rief in die Burg zu Tal:
„Wohlauf nur in der Bälde, wir haben fremde Gäste,
Und waffnet euch, ihr Helden, ich seh' den Glast von manchem Helmeglästen.“
Sie sprangen von den Betten, wo sie gelegen, gleich;
Denn allen, die da schliefen, arm oder reich,
Gefährdet es der Ehre, des Lebens und des Leibes:
So begehrte Herwig in wilder Feldschlacht seines Eheweibes.
Ans Fenster war der König und sein Gemahl gekommen.
Ein Volk hatte Herwig in seinen Dienst genommen,
Das saß vor einem Berge zu Galeis in den Gauen;
Zu Waleis in der Marke mocht es oft der starke Morung schauen.
So heftig sah sie Hettel dringen nach dem Tor,
Ungern gewesen wär' er jetzt davor,
Der Vater Gudrunens, wie kühn er stritt in Schlachten.
Wohl erzürnten ihn die Gäste, bis seine Bürger bald ihm Hilfe brachten.
Zu den Waffen griffen drinnen ein hundert oder mehr;
Der Wirt stritt auch selber, gern tat's der Degen hehr.
Kühn waren Herwigs Scharen: das mocht' ihn nicht verdrießen,
War auch groß der Schade, den er sah aus Herwigs Tat entsprießen.
Oft entschlug den Helmen feuerheißen Wind
Herwig der kühne: das sah des Wirtes Kind,
Gudrun die schöne; ihr war es Augenweide.
Der Degen schien ihr wacker: das war ihr lieb und war ihr doch zu Leide.
Herwig in grimmem Mute nun selber Waffen trug:
Am Leib wie am Gute, war er wohl reich genug,
Tat auch der Wirt ihm unrecht. Er kam ihm nun so nahe,
Daß sie von der Feste den Kampf in aller Nähe vor sich sahen.
Sie hätten jetzo gerne die Pforte zugetan —
Sie mußten Unsieg lernen — da ging es nicht mehr an.
Man sah sie mit den Gästen in die Pforte dringen;
Mit den Waffen wollte Herwig schöner Frauen Minnelohn erzwingen.
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