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und Mond werden finster, und die Sterne verhalten ihren Schein." — Was kann jede andere
Schilderung nach dieser noch sagen?
Dem Bemühendes Jämschtschik und des Kripasnoi-Sluga (Edelmannsdiener)war es ge'
lungen, die scheuenden Steppenpferde zu bändigen und den Wagen vor einem Sturz in den Fluß
5 zu behüten; die ganze Scene war rascher vor sich gegangen, als sie erzählt werden kann. Nun konnte
man doch mit einiger Beruhigung Beobachtungen anstellen. Schon weit in der Ferne gen Weste"
flog die ungeheure schwarze Wolke, aber allenthalben wimmelte es noch von Nachzüglern. Die
Straße, der Hügelabhang, das Schilf, die Bäume, die Brücke, ja selbst das Wasser war mit ihnen
überdeckt. Aus dem Röhricht hervor schossen Hunderte von weißstirnigen Wasserhühnern, Enten,
»o darunter besonders kenntlich die hellgraue Spießente mit dem braunen Kopf, Lachmöwen; über
ihnen durchkreuzten zahllose Seeschwalben die Luft mit schrillem Schrei; von jenseits flatterten
Falken, Bussarde, Sperber, Krähen und vor allem ganze Flüge von Staren herab auf die über'
reiche, willkommene Beute, und ihr Heißhunger vergaß alle Scheu vor unserm Gefährt, wie vor
den Bauersleuten auf der Höhe, welche aus Leibeskräften ihre klingenden Geräte rührten. Aber
wieviel auch die Scharen der gefiederten Freibeuter zu Wasser und zu Land vernichteten von den
Überbleibseln des großen Zugs, es blieben immer noch Millionen übrig, deren dünne Schwärme
aber freilich nichts mehr bedeuten wollten. Was ich früher von den Heuschreckenzügen gelesen, ha^
ich, ehrlich gesagt, zum guten Teil für Übertreibung gehalten; allein ihr Anblick belehrte wich
eines anderen. Eine entsetzlichere Landplage, eine furchtbarere Geißel läßt sich kaum denket
26 als das unzählbare Heer dieser gefräßigen Kerbtiere.
199. Es ist euch gut! fJoh. 16, 7.] (1855.)
Von ft. v. Gerok.
Darmblätter. Stuttgart 1886. S. 42.
rs
1. Es ist euch gut, daß ich von hinnen
geh';
Zwar euer Herz ist ob dem Wort voll Trauern,
Doch himmlisch Glück erblüht aus Erdenweh,
Und ewig Leben keimt aus Todesschauern;
Zum Heil für euch und viele fließt mein
Blut:
Es ist euch gut.
2. Es ist euch gut; noch kennt ihr euern
»5 Herrn
Im Geiste nicht, nur im Gewand von Staube;
Die Ähre reift nur aus verwestem Kern,
Es quillt der Wein nur aus zertretner Traube;
Bom Himmel tauf' ich euch mit Geist und
Glut:
Es ist euch gut.
.Aber ich sage euch die Wahrheit:
Ls ist euch gut, daß ich hingehe/
3. Es ist euch gut; entwöhnt vom Muttes
schoß,
Lernt erst ein Kind die zagen Füße brauche^
Und wem sein Schiff zerbrach vom Windesstoß-
Muß kühn die Brust in wilde Wogen tauchen!
In Sturm und Streit erwächst ein Helden'
mut:
Es ist euch gut.
4. Es ist euch gut; jetzt könnt ihr's nt$
verstehn,
Dieweil noch Tränen euern Blick umfloren,
Doch dermaleinst sollt ihr's im Lichte sehn,
Die Krone bleibt dem Glauben unverloren!
Drum,Kindlein, glaubt's, wie weh dem FleW
es tut:
Es ist euch gut.
299. Der Schwarzwald.
Von K. Duddeus.
Bon Frankfurt a. M. nach Bafel. Leipzig 1856. S. 68. (Gekürzt.)
Wer kann sagen, was der schönste Punkt des Schwarzwald-Zuges ist? „Baden", viel"
der eine; „ Offenburg ", ruft der andere.... „Siekennen wohl Freiburg nicht mit dem, Himw^
reicht und der ,Hölle?*" so fragt eine dritte Stimme mit still-stolzem Heimatsbewußtsein,
nun klingen sie alle hervor, diewunderschönen Geheimnisse stiller Waldpracht und herrlicher Fe^"'
sicht, wilder Gebirgsschrecken und stäubender Wasserstürze, majestätisch-öder Felsenmeere
chaurig-stillerBergseen, lauschig-kühler Wassermühlen und heiter-lachender Wiesengründe, üb^
üppig süotzender Berghalden und verborgen schlummernderBurgtrümmer,still-vergessenerKlöst^