Tannenbäumen und zwischen den Felsen. Dazu schrieen die Nachtraben und
Eulen. In meiner Seele aber war der Gedanke, daß wir unsern lieben Vater
verloren hätten, und das Jammern der Mutter, wenn ich nun allein nach Hause käme.
Da schauerte es mich wundersam in der düsteren Nacht, und das rauschende Blatt
^schreckte mich. — Da dacht' ich bei mir, also möge wohl dem Menschen ums Herz *
«ein, der mit bösem Gewissen wandelt."
„Kindlein", sagte darauf der Lehrer, „möchtet ihr wohl in solcher finsteren
Nacht wandeln, wo ihr den Vater vergeblich suchtet, und euch nur die Stimme des
Sturmes und das Geschrei der Raubtiere ertönte?"
„Ach nein!" riefen die Kinder allzumal und schauderten. 10
Darauf begann der Knabe abermals zu erzählen und sprach: „ Ein anderes Mal
ging ich des nämlichen Weges mit meiner Schwester, und wir hatten allerlei Schönes
Ms der Stadt geholt zu einem heimlichen Feste, das der Vater unserer Mutter
breitete für den andern Tag. Da kamen wir auch am späten Abend zurück. Es
^.ar aber im Lenzmond, und ein klarer, schöner Himmel, und überall so leise und u
still, wie in einem Kämmerlein, so daß man den Gang und das Rieseln des Quell¬
ens am Wege vernahm, und ringsumher im Gebüsch sangen die Nachtigallen.
Wir beide aber wandelten Hand in Hand und waren so vergnügt, daß wir kaum
?den mochten. Da kam uns auch noch der freundliche Vater entgegen. Jetzt dacht'
$ wieder bei mir selbst, also möge es wohl in der Seele des Menscken sein, der 20
vlel Gutes getan hat."
So redete der Knabe. Da sah der Lehrer seine Kinder freundlich an. — Die
Binder aber sagten einmütiglich: „Ja! wir wollen auch gute Menschen werden!"
207. Der Bodensee.
Von X Knapp.
Gedichte, Auswahl. Stuttgart und Tübingen 1851. S. 171.
1. Um deine Flut, die blaue,
Neih'n viel' Provinzen sich,
^ar schön beblümte Gaue,
Welart'ger Länderstrich.
Was Fürsten an dir haben,
ihrer keinem feil;
schönen Meer der Schwaben
-"Mt! jeder gern sein Teil.
2. Du bist die Silberwiege
|&r einen Heldensohn,
^er früh zu manchem Siege
helläugig zieht davon.
^och muß er erst erstarken
deiner Wellen Hut,
^evor in ferne Marken
vweilt sein fröhlich Blut.
^ b. In deinem tiefen Becken
Ant sich der junge Rhein;
Weit darf die Glieder strecken
starke Knäbelein,
^as von den Gotthardsfluhen
^sprang als Ritterkind;
vier will's im Traume ruhen,
^amit es Kraft gewinnt,
4. Bald in viel' schöne Länder
Sieghaft hinauszugehn
Und als ein Freudenspender
Die Völker anzusehn,
Feindsel'ge Weltgewalten
Zu scheiden ohne Krieg,
Und tröstlich zu entfalten
Der Friedenskünste Sieg.
5. Drum steht am Wiegenrande
Hoch oben Österreich
Und glättet die Gewände
Dem schönen Kind sogleich;
Hart neben Bayern Baden,
Von drüben her die Schweiz,
Mit Württemberg geladen,
Zu schau'n des Kindes Reiz.
6. Sie wollen's alle hüten
In fröhlichem Verein,
Und ihre Frühlingsblüten
Wehn in den See hinein.
Und ihre Fluren tragen
Des Kindleins Flor zumal,
Und ihre Burgen ragen,
Beglänzt vom Wasserstrahl.
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