Full text: Für Seminarvorbereitungsanstalten und Fortbildungsschulen (Bd. 1 = Vorstufe, [Schülerband])

b Heimkamen mit lieblichem Schellen- 
-jv getön 
*:ie andern, gesättigt in Fülle. 
MagdaliS' Pforte blieb keine mehr stehn 
^nd rief ihr mit sanftem Gebrülle. 
4- Wie Kindlein, welche der nährenden Brust 
Mutter sich sollen entwöhnen, 
klagte sie Abend und Nacht den Verlust 
löschte ihr Lämpchen mit Tränen. 
5- Sie sank auf ihr ärmliches Lager dahin 
S? hoffnungslosem Verzagen, 
gewirrt und zerrüttet an jeglichem Sinn, 
jeglichem Gliede zerschlagen. 
b. Doch stärkte kein Schlaf sie von Abend 
bis früh; 
schwer abgemüdet, im Schwalle 
^on ängstlichen Traumen, erschütterten sie 
^le Schläge der Glockenuhr alle. 
~ ' • Früh tat ihr des Hirtenhornes Getön 
Elend von neuem zu wissen. 
!>' wehe! nun hab' ich nichts aufzustehn!" — 
^ schluchzte sie nieder ins Kissen. 
8- Sonst weckte des Hornes Geschmetter 
* ihr Herz, 
Vater der Güte zu preisen. 
^ht zürnet' und hadert' entgegen ihr Schmerz 
Pfleger der Witwen und Waisen. 
Und horch! Auf Ohr und auf Herz, 
( wie ein Stein, 
mel'ß ihr mit dröhnendem Schalle; 
^ rieselt' ein Schauer durch Mark und 
» Gebein: 
^ bünkt ihr wie Brüllen im Stalle. 
k0. „£> Himmel! Verzeihe mir jegliche 
n. Schuld, 
J® ahnde nicht meine Verbrechen!" 
Ele wähnt', es erhübe sich Geistertumult, 
9r sträfliches Zagen zu rächen. 
Kaum aber hatte vom schrecklichen 
L. T0N 
mählich der Nachhall verloren, 
^ drang ihr noch lauter und deutlicher 
* schon 
Brüllen vom Stalle zu Ohren. 
*2- „Barmherziger Himmel, erbarme dich 
mein 
halte den Bösen in Banden!" 
^ef barg sie das Haupt in die Kissen hinein, 
Hören und Sehen ihr schwanden. 
13. Hier schlug ihr, indem sie im Schweiße 
zerquoll, 
DaS bebende Herz wie ein Hammer; 
Und drittes, noch lauteres Brüllen erscholl, 
Als wär's vor dem Bett in der Kammer. » 
14. Nun sprang sie mit wildem Entsetzen 
heraus, 
Stieß auf die Laden der Zelle. 
Schon strahlt der Morgen; der Dämmerung 
Graus i# 
Wich seiner erfreulichen Helle. 
15. Und als sie mit heiligem Kreuz sich 
versehn: 
.Gott helfe mir gnädiglich, Amen!" — 
Da wagte sie's zitternd, zum Stalle zu gehn 
In Gottes allmächtigem Namen. 
16. O Wunder! Hier kehrte die herrlichste 
Kuh, 
So glatt und so blank wie ein Spiegel, 
Die Stirne mit silbernem Sternchen ihr zu. *o 
Vor Staunen entsank ihr der Riegel. 
17. Dort füllt die Krippe frisch duftender 
Klee, 
Und Heu den Stall, sie zu nähren; 
Hier leuchtet' ein Eimerchen, weiß wie der » 
Schnee, 
Die strotzenden Euter zu leeren. 
18. Sie trug ein zierlich beschriebenes 
Blatt, 
Um Stirn und Hörner gewunden: ro 
„Zum Troste der guten Frau Magdalis 
hat 
N. N. hierher mich gebunden". — 
19. Gott hatt' es ihm gnädig verliehen, 
die Not ss 
Des Armen so wohl zu ermessen. 
Gott hatt' ihm verliehen ein Stücklein Brot, 
Das konnt' er allein nicht essen. — 
20. Mir deucht, ich wäre von Gott er¬ 
sehn, 
Was gut und was schön ist, zu preisen: 
Daher besing' ich, was gut ist und schön, 
In schlicht-einfältigen Weisen. 
21. „So", schwur mir ein Maurer, „so 
ist es geschehn!" » 
Allein er verbot mir den Namen. 
„Gott, laß es dem Edeln doch wohl er¬ 
gehn!" 
Das bet' ich herzinniglich. Amen!
	        
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