Full text: Für Seminarvorbereitungsanstalten und Fortbildungsschulen (Bd. 1 = Vorstufe, [Schülerband])

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A abschreckenden Sinn Albrechts. Sie wichen daher den Anträgen Rudolfs aus. 
Mißvergnügt verließ dieser Frankfurt und ging, schon krank und schwach, nach Straß- 
°urg. Als er die Nähe des Todes fühlte, rief er: „Wohlan nach Speier!" Hier, 
der Begräbnisstätte der Kaiser wollte er sein Ende erwarten, aber er kam nur 
Germersheim, wo er in einem Alter von dreinndsiebzig Jahren starb (1291). r 
Rudolf hatte den Ruhm der Gerechtigkeit, Mäßigung und Tapferkeit sein ganzes 
.ben hindurch bewahrt. Seine Gestalt war sehr hoch und schlank, seine Sitten 
klnfach; Speise und Trank genoß er mäßig. Er trug gewöhnlich ein schlichtes graues 
-ÜZams, das er sich wohl im Felde selbst flickte. Wenn er sprach, gewann er durch 
viedere Zutraulichkeit und war ein Freund von fröhlichen Reden und munteren u» 
scherzen. Niemals ließ er es aber an Ernst und Ausdauer in seinen Unterneh¬ 
mungen fehlen. Als seinem Heere einst die Zufuhr abgeschnitten war, zog er eine 
^übe aus dem Felde und aß sie roh, worauf die Kriegsleute ohne Murren seinem 
^eispiele folgten. Endlich, als nirgends mehr etwas zu finden war, ließ er die 
uemde angreifen. „Siegen wir", sprach er, „so bekommen wir Lebensmittel genug;« 
^rden wir besiegt, so erhalten die Gefangenen wohl Essen und Trinken." Ver¬ 
sprechungen und Zusagen hielt er treu und fest, so daß noch lange das Sprichwort 
blieb: „Der hat Rudolfs Redlichkeit nicht". 
376. Der öldvrg. (1837.) 
Von H. v. Schubert. r» 
Reise ln da» Morgenland in den Jahren 1836 und 1887. Erlangen 1840. Bd. II, 8. 621. (Gekürzt.) 
Nahe bei Gethsemanes heiligem Felsendunkel ist der Ölgarten. Einige 
Uralte Stämme von Ölbäumen, die selbst die Türken mit frommer Scheu 
verschonen und die sie auch von anderen nicht verletzen lassen, stehen 
hier. Ihr Inneres ist ganz hohl; damit der Wind sie nicht leicht umbrechen as 
woge, hat man dasselbe hoch hinan mit Steinen angefüllt und auch äusser¬ 
lich, zum Schutze und zur Befestigung, Haufen von Steinen herumgelegt. 
Jene Stelle in Gethsemanes Garten, da Christus von Judas verraten ward, 
haben die Türken, als eine verfluchte, mit Steinhaufen umgeben. 
Hinan zum mittleren Gipfel des Ölberges, auf welchem die Himmel-30 
fohrtskirche steht, geht man unter blühenden Bäumen, die mit den grü- 
uenden Feldern des Getreides zugleich ihren Duft geben. Der nördliche 
Wipfel erscheint als der höchste unter den dreien; eine Denksäule auf ihm 
soll an den Ort erinnern, da die Engel standen, als der Herr zum Himmel 
gefahren war. Der dritte, südlichste Teil heisst Berg des Ärgernisses, weil « 
hier Salomo im hohen Alter den Dienst des Moloch gestattete. Man ge- 
uiefst hier überall eine unvergleichliche Aussicht. Unter sich im Westen 
sieht man die Stadt Jerusalem mit der wahrhaft schönen Moschee und ihren 
Säulenhallen. Gegen Osten hin senkt sich der Blick von einer Tiefe zur 
andern bis zu dem Kessel des Toten Meeres, und jenseit des Wasserspie-*0 
geU erhebt sich der Bergzug des Nebo. Das Tal des Jordan kommt im 
Worden des Salzmeeres aus dem Verdeck der diesseitigen Höhen hervor. 
Wendet man sich von Osten nach Norden, da zeigen sich dem Auge die 
Hohen des Gebirges Ephraim, unter ihnen besonders deutlich der Ebal 
Und Garizim bei Sichern. u 
377. Der Marder und die Tauben. 
Von X ®. Meißner. 
Skizzen. Tübingen 1780. 4. SammI,, S, 237. 
Ein Marder hatte sich in einem Falleisen gefangen, litt die entsetzlichsten 
schmerzen und litt noch mehr durch die Furcht eines nahen, gewissen Todes. 
Eine junge Taube sah dies, flog zu ihrer Mutter und rief: „Freude, Freude!
	        
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