112 Mittlere Geschichte.
Slaven. Vater unterworfenen Völker wieder erhoben. Gegen die S laden kämpf-
ten in langjährigen Kriegen die Markgrafen Otto's Hermann Billung
und Gero, jener an den Ufern der niederen Elbe und Ostsee, dieser im
Gebiete der Spree und Havel bis weithin nach Süden. Mehrmals zog
auch Otto selbst nach den bedrohten Grenzen und nach blutigen Kämpfen
waren (bis 950) von neuem die Marken im Osten des Reiches unter-
Norman- worfen. — Gegen die Normannen, die einen verheerenden Einfall nach
nen. Sachsen und Friesland gemacht, zog Otto 947; er gelangte bis an die
Nordküste der dänischen Halbinsel. Hier schleuderte er seinen Speer weit
hinaus, um nach alter deutscher Sitte damit das Meer als des Reiches
Grenze zu bezeichnen. Von des Königs Gegenwart erhielt der Meerbusen
Lymfjord, wo dies geschehen sein soll, den Namen Ottensund. — Auch
Böhmen, der Böh men h er zo g Bolesl a w, der seit 936 mit den Waffen in der
• Hand der Lehnspflicht sich weigerte, wurde durch einen glücklichen Kriegs-
zug Otto's, der ihn bis Prag führte, zum Gehorsam gebracht (950). —
Zu derselben Zeit unternahm des Königs Bruder, Heinrich, von Baiern
Ungarn, aus glückliche Kriegszüge gegen die Ungarn. Zweimal schlug er sie auf's
Haupt und führte bis über die Theiß seine Schaaren. Große Beute
brachte er heim und manchem Edlen führte er die von den Ungarn geraubte
Gattin und Kinder nach langer Trennung wieder zu.
Aber auch in die Geschicke der Völker des Westens und Südens sollte
der deutsche Otto mit kräftiger Hand eingreifen. Thronstreitigkeiten riefen
Burgund, ihn nach Burgund -), wo er 943 den rechtmäßigen König einsetzte und
fortdauernd großen Einfluß auf-die Regierung des Landes übte. — Ebenso
Frankreich, zog er 946 nach Frankreich, um dessen König gegen einen übermüthigen
Vasallen beizustehen. Aus den Händen der Deutschen empfing der Nach-
komme Karl des Großen (950) die Krone wieder.
Italien. Doch noch ein höheres Ziel war für Otto in Italien vorbehalten.
Dort war seit dem Aussterben der Karolinger (875) vollständige Willkür
und Gewaltherrschaft eingerissen. Die Bewohner, in Schwäche und Sitten-
losigkeit versunken, beugten sich unter die Macht ruchloser Päpste und grau-
samer Tyrannen. Dorthin richtete Otto sein Augenmerk, um durch Auf-
richtung des abendländischen Kaiserthums, das seit 924 ruhte, dem Westen
Europa's eine feste Grundlage zu geben. Und wundersam begünstigte die
Verkettung der Umstände seine Pläne. Im Jahre 950 starb der lom-
^g^ngaru. bardische König Lothar, der mit Adelheid, der Schwester des Königs
Adelheid. toon Burgund, vermählt war. Ein anderer Großer des Landes, B eren-
gar, bemächtigte sich des Thrones. Mit habsüchtiger Grausamkeit drückte
er härter als je das Land. In solcher Roth richteten sich Vieler Gemüther
hoffend auf Adelheid, die kaum I9jährige Wittwe. Da ließ Berengar
sie ergreifen nnd in den Kerker werfen (951). Hier war sie den abscheu¬
lichsten Mißhandlungen ausgesetzt, man raufte ihr das schöne Haar und
beschimpfte mit Schlägen ihren königlichen Leib. Später ward sie in die
*) DaS Königreich Burgund hatte sich um 888 von dem Erbe Lothar'S (JB.
102. Anm. 2. und S. 106. Anm. 4.) als selbständiges Land losgerissen und um¬
faßte daö Gebiet, was die Burgunder während der Völkerwanderung in Besch genom¬
men hatten (S. 83. Anm. 1.). Von 1038—1378 hat Burgund zu Deutschland
gehört, vergl. Kursus 2. 6. 117 f.