Vorwort
Der dritte Band der „Sammlung" enthält die poetische Lektüre für
die zweite und erste Seminarklasse mit Ausnahme der Dichtungen, die ganz
gelesen werden sollen.
Die „Oden Klopstocks" und die Gedichte aus der „Gedankenlyrik
Goethes und Schillers" dürften ihrer Zahl nach auch für die unter
besonders günstigen Unterrichtsverhältnissen arbeitenden Seminare ausreichen.
Die Proben aus der „Spruchdichtung" sind zur Erleichterung der Übersicht
und der praktischen Verwertung in einem besondern Abschnitte zusammen¬
gestellt. Bei der Auswahl der „Volkslieder" haben wir uns von demselben
Grundsatz leiten lassen, der für die Verfasser des auf Veranlassung Seiner-
Majestät des Deutschen Kaisers Wilhelm II. herausgegebenen Volkslieder¬
buchs für Männerchor (Leipzig, F. Peters) maßgebend gewesen ist. Es
haben demnach nicht bloß Lieder Aufnahme gesunden, aus die der Begriff
„Volkslied in seiner engsten Umgrenzung zutrifft", sondern auch solche, „die
im Laufe der Zeit dieselbe Stellung wie das eigentliche Volkslied gewonnen
haben, die jedem Deutschen ans Herz gewachsen sind, die in ewiger Jugend¬
schönheit und Jugendfrische den zerstörenden Wirkungen der Zeit Trotz
geboten haben und nach menschlicher Voraussicht Trotz bieten werden, so¬
lange die deutsche Zunge klingt". Was den Wortlaut der Lieder anlangt,
so haben wir uns bei solchen, die in verschiedenen Fassungen im Munde
des Volkes fortleben, mit Rücksicht auf den Gesangunterricht dem genannten
Volksliederbuch angeschlossen. Bei der „Blumenlese aus der poetischen
Literatur der Neuzeit" sind wir bestrebt gewesen, das Schönste und Wert¬
vollste zu bringen, um im allgemeinen den Geschmack der Jugend an schön¬
geistigen Lesestoffen zu bilden und im besondern die volkstümliche, vater¬
ländische und sittliche Bildung zu fördern. Daß wir außerdem auch solche
Gedichte berücksichtigt haben, die Gelegenheit zu literarischen Belehrungen
bieten, wird der erfahrene Schulmann leicht erkennen. Dadurch soll sich die
Auslese von andern unterscheiden, die lediglich schöngeistigen Zwecken dienen
wollen. Die über das Unterrichtsbedürfnis hinausgehende Berücksichtigung
der dichterischen Erzeugnisse der Neuzeit soll vornehmlich zum Zlvecke
weiterer Anregung den Reichtum zeigen, über den unsere poetische Literatur
versügt.
Möge sich die nunmehr vollständig vorliegende „Sammlung aus¬
gewählter Lesestoffe" als geeignet erweisen, dem deutschen Unterrichte in
den Seminaren im Sinne der Bestimmungen vom 1. Juli 1901 Grundlage
und Richtung zu geben und auch uach der Seminarzeit ein lieber und guter
Freund der Lehrer und Lehrerinnen zu bleiben!
Die Verfasser.