Full text: Für Seminarvorbereitungsanstalten und Fortbildungsschulen (Bd. 1 = Vorstufe, [Schülerband])

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430. Der Blinde. 
Von Fr. A. Krummacher. 
Parabeln. Essen 1840. Bd. L. S. 44 
Ein Blinder stand mit aufgerichtetem Haupte in den Strahlen der milden 
Frühlingssonne. Ihre Wärme durchströmte seine Glieder, und ihr Glanz senkte sich 
uf die versiegten Lichtquellen seines Angesichtes, das er unverwandt ihr darbot. 
„O du unbegreifliches Lichtmeer!“ rief er aus, „du Wunder der allmächtigen 
Hand, die dich erschuf und auf deiner herrlichen Bahn dich leitet! Aus dir strömet 
cwige Fülle, Leben und Wärme, und nie versiegt deine Kraft! Wie groß muß der 
sein, der dich gebildet hat!“ 
So sprach der blinde Mann. Seine Rede vernahm ein anderer, der neben ihm 
stand, und es befremdeten ihn die Worte des Blinden; deshalb begann er und 
fragte: „Wie kanust du das Gestirn des Tages bewundern, und siehest es nicht?“ 
Da antwortete der Blinde und sprach: „Eben darum, mein Freund. Seit 
das Acht meiner Augen verdunkelt und der Glanz der Sonne mir verschlossen ward, 
wohnt sie in meiner Seele. Jedes Gefühl ihrer Nähe lässet sie in mir selbst auf⸗ 
gehen und ihren Glanz in meinem Innern leuchten. Ihr aber schauet sie nur, wie 
aͤlles, was ihr täglich sehet, mit leiblichem Auge!“ 
341. Die Trompete von Gravelotte). 
Von F. Freiligrath. 
Aeder zu Schutz und Trutz. Gesammelt u. herausgeg. von Lipperheide. 3. Samml., S. 98. 
Sie haben Tod und Verderben gespie'n: Und er nahm die Trompet', und er hauchte 
Wir haben es nicht gelitten. hinein; 
Zwei Kolonnen Fußvolk, zwei Batterien, Da, — die muthig mit schmetterndem Grimme 
Wir haben sie niedergeritten. Uns geführt in den herrlichen Kampf hinein, 
Die Sãabel geschwungen, die Zäume verz Der Trompete versagte die Stimme! 
hängt, Nur ein klanglos Wimmern, ein Schrei 
Tief die Lanzen und hoch die Fahnen, voll Schmerz 
So haben wir sie zusammengesprengt, — Entquoll dem metallenen Munde; 
Kürassiere wir und Ulanen. Eine Kugel hat durchlöchert ihr Exrz, — 
Doch ein Blutritt war es, ein Todes⸗ Um die Todten klagte die wunde! 
rxitt; Um die Tapfern, die Treuen, die Wacht 
Wohl wichen sie unseren Hieben, am Rhein, 
Doch von zwei Regimentern, was ritt und Um die Brüder, die heut' gefallen, — 
was stritt, Um sie alle, es ging uns durch Mark und Bein, 
Unser zweiter Mann ist geblieben. Erhob sie gebrochenes Lallen. 
Die Brust durchschossen, die Stirn zer— Und nun kam die Nacht, und wir ritten 
klafft, hindann; 
So lagen sie bleich auf dem Rasen, Rundum die Wachtfeuer lohten; 
In der Kraft, in der Jugend dahingerafft, — Die Rosse schnoben, der Regen rann — 
Nun, Trompeter, zum Sammeln geblasen! Und wir dachten der Todten, der Todten! 
342. Das Leben auf dem Lande. 
Von A. Stahr. 
Die zehn Jahre Landleben auf dem stillen Dorfe, dessen Einsamkeit und Welt— 
abgelegenheit melnen Eltern, die bis dahin ihr ganzes Leben in Städten zugebracht 
hatten oͤft so schwer zu ertragen waren. — imir sind sie das Paradies meiner 
Jugend, in das ich mich immer, und heute noch, vergeblich zurückgesehnt habe seit 
Richtiger: 
Kürassierregiments 
Vionville! Die Trompete wird im Casino der Offiziere des magdeburgischen 
Nr. 7 zu Halberstadt aufbewahrt. Der betreffende Trompeter heißt Pinkepang.
	        
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