Full text: Für Seminarvorbereitungsanstalten und Fortbildungsschulen (Bd. 1 = Vorstufe, [Schülerband])

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Er weiß um deine Schmerzen, 
Er weiß um deine Lust, 
Und willst du ihn von Herzen, 
Gleich hat ihn deine Brust, 
Gleich fällt, wie Frühlingsregen 
Bei warmem Sonnenschein, 
Sein süßer Gnadensegen 
Dir voll ins Herz hinein. 
Auf! wirf dein schlechtes Grämen, 
Dein eitles Sorgen weg! 
Verscheuche alle Schemen, 
Die irren deinen Weg! 
Du sollst im Lichte schreiten, 
Und der dich frei gemacht, 
Das große Licht der Zeiten 
Schloß ewig deine Nacht. 
Mag alles sinken, wanken, 
Dies Eine bleibet fest, 
Gedanke der Gedanken, 
Der nimmer sinken läßt. 
Das große Licht der Zeiten, 
Dein Heiland Jesus Christ, 
Wird Strahlenum dich spreiten, 
Wo alles finster ist. 
Dies wage fest zu fassen, 
Dies halt' nur treu und fest 
Den schwöre nie zu lassen, 
Der nimmer dich verlaßt. 
Der dich mit seinem Blute 
Erlöst aus Nacht und Wahn, 
Will, daß mit hellem Muthe 
Du wandelst deine Bahn. 
379. Der Mäüuseturm. 
Von A. Kopisch. 
Gedichte. Berlin 1836. 
Du flohst auf den Rhein, in den Inselturm, 
Doch hinter dir rauschte der Mäusesturm; 
Du schlossest den Turm mit eherner Thür, 
Sie nagten den Stein und drangen herfür. 
Sie fraßen die Speise, die Lagerstatt, 
Sie fraßen den Tisch dir und wurden nicht satt; 
Sie fraßen dich selber zu aller Graus 
Und nagten den Namen dein überall aus. 
Fern rudern die Schiffer um Mitternacht, 
Wenn schwirrend dein irrender Geist erwacht; 
Er flieht um die Zinnen im Höllenschein 
Und glühende Mäuslein hinter ihm drein. 
Am Mãäuseturm um Mitternacht 
Des Bischofs Hatto Geist erwacht; 
Er flieht um die Zinnen im Höllenschein 
Und glühende Mäuslein hinter ihm drein. 
Der Hungrigen hast du, Hatto, gelacht, 
Die Scheuer Gottes zur Hölle gemacht; 
Drum ward jedes Körnlein im Speicher dein 
Verkehrt in ein nagendes Mäuselein. 
380. Beim Jahresschlusse. 
Von E, Fürstin Reuß. 
Das Jahr geht still zu Ende, 
Nun sei auch still mein Herz. 
In Gottes treue Hände 
Leg' ich nun Freud' und Schmerz; 
Und was dies Jahr umschlossen, 
Was Gott der Herr nur weiß, 
Die Thränen, die geflossen, 
Die Wunden brennend heiß. 
Warum es so viel Leiden, 
So kurzes Glück nur gibt? 
Warum denn immer scheiden, 
Wo wir so sehr geliebt? 
So manches Aug' gebrochen, 
Und mancher Mund nun stumm, 
Der erst noch hold gesprochen, — 
Du armes Herz, warum? 
Daß nicht vergessen werde, 
Was man so gern vergißt: 
Daß diese arme Erde 
Nicht unsre Heimat ist. 
Es hat der Herr uns allen, 
Die wir auf ihn getauft, 
In Zions goldnen Hallen 
Ein Heimatrecht erkauft. 
Hier gehen wir und streuen 
Die Thränensaat ins Feld, 
Dort werden wir uns freuen 
Im sel gen Himmelszelt. 
Wir sehnen uns hienieden 
Dorthin ins Vaterhaus, 
Und wissen's, die geschieden 
Die ruhen dort schon aus. 
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