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der Warnung nicht; in seinem Dünkel hielt er die Germanen nicht
für fähig, den Plan einer Verschwörung anzulegen und zu verfolgen.
Hermann aber stiftete im Stillen einen Bund zur Vertreibung des
Feindes. Bald regten sich die Vaterlandsfreunde überall. An eine
regelmäßige Schlacht im offenen Felde war nicht zu denken. 50,000
Mann geübter Truppen hatte Varus; die Verbündeten dagegen
waren ein kleines Häuflein. Sie erregten daher in fernen, schwer
zugänglichen Gegenden den Aufstand, wo sie die Schluchten der
Berge zu Bundesgenossen haben konnten.
Der Teutoburger Wald schien ihnen am geeignetsten dazu.
Hier brach der Aufstand zuerst los. Varus eilte sogleich mit seinem
ungeheuren Heere herbei, denselben zu dämpfen. Mit ihm zogen
viele Germanen, die in seinem Heere dienten, unter diesen auch
Hermann. Nochmals warnte Segest, nannte alle Verschworene im
Heere und riech, sie gefangen zu nehmen. Varus hörte nicht, ihn
blendete die geheuchelte Unterwürfigkeit. Riesige Bäume mußten
weggeräumt, Brücken geschlagen, Wege gebahnt werden. Langsam
rückte das Heer vorwärts. Die Verbündeten steckten in dichten
Wäldern und lagerten auf dem Rücken der Berge. Selbst der
Himmel trat mit dem Häuflein in Bund. Sturm und Regen führten
die Gebirgswässer gegen den Feind ins Feld; das Heer löste sich
unter unsäglichen Anstrengungen in eiirzelne Züge auf, und Viele
erlagen schon im Kampfe mit der empörten Natur. Als man in
einer der unheimlichsten Wildniß angekommen war, da traf den
Varus die unheilvolle Nachricht, daß Hermann mit seinen Deutschen
das Heer verlassen und sich an die Spitze der Verschworenen ge¬
stellt habe. — Sogar Segest's Sohn, der nach dem Willen des
Vaters die Priesterwürde bei den Römern bekleidete, hatte diese
verlassen, war in die Heimath geeilt, um an dem ruhmvollen Kampfe
mit Theil zu nehmen. Die Gefahr erkennend, sah Varus kein anderes
Rettungsmittel, als sich nach dem Rhein zurückzuziehen. Nachdem
das hindernde Gepäck verbrannt war, brach er auf. Es war zu
spät. In einem Engpaß angekommen, ertönte von allen Seiten
der furchtbare Schlachtgesang der Deutschen ins Thal herab, der
Wind pfiff eine grause Melodie dazu. Vernichtung war das Losungs¬
wort der Germanen, die den Feind immer enger einschlossen. Ueberall
war Hermann thätig, überall der Erste, der angriff. Drei Tage
währte der Kampf. Die Befehlshaber fielen, die Adler wurden
genommen, die Legionen vernichtet. Verzweiflungsvoll hatte Varus
sich selbst den Tod gegeben. Nur Einzelne entkamen, um dem stolzen
Rom das Ende der schauerlichen Waldschlacht zu verkünden, die im
Jahre 9 nach Christi Geburt geschlagen wurde. Ihr haben wir es
zu danken, daß Deutschland keine römische Provinz wurde, und daß
noch Deutsch auf Erden gesprochen wird.
Als die Schreckenspost nach Rom kam, rief der Kaiser Augustus