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ihnen einen Thaler nach dem andern hinaus. Als das Schneiderlein
in der besten Arbeit war, hörte es den König 9 der seine Schatz⸗
kammer besehen wollte, und verkroch sich eilig.X er König merkte,
daß viele harte Thaler fehlten, konnte aber nicht begreifen, wer sie
sollte gestohlen haben, da Schlösser und Riegel in gutem Stand waren,
und alles we verwahrt schien. Da ging er wieder u sprach
zu den zwei Wachen: „Habt acht, es ist einer hinter dem Geld!“ —
Als der Daumerling nun seine Arbeit von neuem anfing, hörten sie
das Geld drinnen sich regen und klingen, „klipp, klapp, klipp, klapp,“
sie sprangen geschwind hinein und wollten den Dieb greifen. / Aber
das Schneiderlein, das sie kommen hörte, war noch geschwinder, sprang
in eine Ecke und deckte einen Thaler über sich, so daß nichts von ihm
zu sehen war, dabei neckte es noch die Wachen und rief: „Hier bin
ich!‘ — Die Wachen liefen dahin; wie sie aber ankamen / war es
schon in eine andere Ecke unter einen Thaler gehüpft und rief: „He,
hier bin ich!“ Die Wachen sprangen eilends herbei, Daumerling war
aber längst in einer dritten Ecke und rief: „He, hier bin ich!“ Und
so hatte er sie zu Narren und trieb sie so lange in der Schatzkammer
herum, bis sie müde waren und davongingen. Nun warf er die
Thaler nach und nach alle hinaus, den letzten schnellte er mit aller
Macht, hüpfte dann selber noch behendiglich darauf und flog mit ihm
durchs Fenster hinab. Die Räuber machten ihm große Lobsprüche:
„Du bist ein gewaltiger Held,“ sagten sie, „willst du unser Haupt⸗
mann werden?“ Daumerling bedankte sich aber und sagte, er wollte
erst die Welt sehen. Sie teilten nun die Beute, das Schneiderlein
aber verlangte nur einen Kreuzer, weil es nicht mehr tragen konnte.
7 Darauf shnallte Daumerling seinen Degen wieder um den Leib,
sagte den Räubern guten Tag und nahm den Weg unter die Füße. Er
ging bei einigen Meistern in Arbeit, aber sie wollte ihm nicht schmecken;
endlich verdingte er sich als Hausknecht in einen Gasthof. Die Mägde
aber konnten ihn nicht leiden; denn ohne daß sie ihn sehen konnten,
sah er alles was sie heimlich thaten, und gab bei der Herrschaft an,
was sie sich von den Tellern genommen und aus dem Keller für sich
wegge, t hatten. Da sprachen sie: „Wart, wir wollen dir's ein—
tränken,“ — und verabredeten untereinander, ihm einen Schabernack
anzuthun. Als die eine Magd bald hernach im Garten mähte und
den Daumerling da herumspringen und an den Kräutern auf- und ab—
kriechen sah, mähte sie ihn mit dem Gras schnell zusammen, band alles
in ein großes Tuch und warf es heimlich den Kühen vor. Nun war