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und dann wird der laufende oder fliegende Feind von einer laut—
schreienden Schar weithin geneckt und verfolgi. Sie ist ein Luft—
segler ersten Grades. Pfeilschnell schwimmt und schwebt sie gradaus,
macht eine gewandte Schwenkung, biegt sicher um die Ecken, schießt
geschwind und behend durch enge Löcher, daß wir staunen über ihre
zauberhafte Meisterschaft im Fluge. Unsere Künstlerin spielt, scherzt,
singt, jagt, speist, trinkt, turnt und badet im Fluge. Wenn wir
sie dahingleiten sehen, bald nahe den Wolken, bald in kurzen
Schwingungen und Bögen auf der Erde oder über dem Wasserspiegel
hin, möchten wir mit ihr fliegen und singen:
Gebt Flügel mir, zu fliegen wohl über Berg und Thal,
mir Flügel, um zu wiegen mein Herz im Sonnenstrahl!
Ist sie ermüdet, setzt sie sich an irgend einen hervorragenden, sonnigen
Punkt, um auszuruhen oder ihr scherzhaftes Volksliedchen zu zwitschern:
Ich wollte meinen Kittel flicken und hatte keinen Zwerrrn,
hatte nur ein kurzes Endchen, da muüßt' ich lange zerrrn!
Hugo Weber.
20. Die Falschheit der Fledermaus.
Die Vögel führten einmal mit
den vierfüßigen Tieren einen heftigen
Krieg, worin bald diese, bald jene
den Sieg davontrugen. Die Fleder—
maus achtete jedesmal auf den Aus—
gang des Kampfes und machte sich
dann auf die Seite des Siegers.
Bei den Vögeln nannte sie sich einen
Vogel und bei den Vierfüßlern eine
Maus.
Endlich kam es aber zwischen
den beiden Parteien zu einem fried—
lichen Vergleiche. Da wurde die
Falschheit der Fledermaus offenbar;
sie wurde von beiden Teilen verachtet
und ausgestoßen. Darum muß sie
das Licht scheuen und einsam in
dunkler Nacht umherflattern.
Asop.
21. Storch und Spatz.
1. Es hat der Storch sein Nest gebaut.
Und als er froh umher nun schaut,
hoch über allen Häusern,
da sitzt vor ihm ein kleiner Spatz
und bittet um ein wenig Platz
zum Neste in den Reisern.