Full text: [Teil 3 = Klasse 7, [Schülerband]] (Teil 3 = Klasse 7, [Schülerband])

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am neuen Bäumchen; die alten Glaskugeln und vergoldeten Nüsse 
hingen daran, aber nicht ein einziges Stückchen Konfekt. Auf dem 
Gipfel prangte der alte Weihnachtsengel. Er hatte eine blaue 
Florbinde mit Goldfranzen um den Leib. Diese nahm die Frau 
ab und band sie dem weißen Kätzchen um den Hals, und das 
Tierchen auf dem Arm, das strahlende Weihnachtsbäumchen in 
der Hand, betrat sie das Zimmer. 
Fritzchen saß im Bette auf und schaute mit großen Augen 
in das strahlende Licht. Da setzte die Mutter das Kätzchen auf 
das Bett des Kindes: „Sieh, mein Herzchen, das hat dir das 
Christkindlein gebracht," sagte sie. Über das blasse Eesichtchen des 
Kindes ging ein heller Freudenschimmer. Mit einer Art frommer 
Scheu betrachtete es das Tierchen und wagte kaum, es zu berühren; 
nur ganz schüchtern streichelten seine mageren Händchen über das 
weiche Pelzchen. Ein lebendiges Tierchen hatte ihm das Christ¬ 
kindlein gebracht! Um wieviel schöner war doch dieses als die 
gemalten, die es sich gewünscht; die arme Mutter, die so viel 
Angst ausgestanden, war glückselig und dankte Gott, daß er ihr 
das Tierchen in den Weg geführt hatte. Als sich nun Miezchen dicht 
an Fritzchens Seite hinkauerte und leise zu schnurren begann, da 
wurde des Kindes Freude immer größer. „Schau' nur, Mutterle, 
wie mein Miezele daliegt; horch' nur, wie es schnurrt!" rief er 
immer wieder aus. O, wie gern wollte er das Tierchen haben, das 
ihm das Christkindlein selbst gebracht hatte! 
AIs am nächsten Tag der Doktor kam, blieb er erstaunt unter 
der Türe stehen. Fritzchen saß aufrecht im Bett und jubelte laut 
über die lustigen Sprünge eines weißen Kätzchens, das mit einem 
Knäuel spielend im Zimmer umherrannte. 
War hier ein Wunder geschehen? 
Ja, die Freude hatte ein Wunder gewirkt. Als die Frau 
den Arzt aus dem Zimmer geleitete, erzählte sie ihm, wie alles ge¬ 
kommen war. Erst jetzt wurde ihm die ganze Not der armen Familie 
klar. Er war ein guter Mann, der sich auch in seinem ärztlichen 
Beruf ein mitleidiges Herz bewahrt hatte. Sofort sorgte er, 
daß die notwendigen Lebensmittel beschafft wurden, und er tat 
noch mehr. In einigen Tagen kamen Geschenke mancher Art, 
Spielsachen, Bilderbücher, Kleidungsstücke für das kranke Fritzchen 
an; der Doktor hatte die rührende Geschichte von dem Weih-
	        
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