Full text: [Teil 2 = Klasse 8, [Schülerband]] (Teil 2 = Klasse 8, [Schülerband])

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Dann verfolgte er wieder den Töffel unausgesetzt mit seinen Blicken. 
„Du meine Güte, welche Pracht! Birnen so groß wie Kinds¬ 
köpfe, und lauter Saft, Äpfel wie Gold, und erst die Weintrauben! 
— Na, einen weiß ich, der kann ganz gewiß nicht widerstehen, das 
ist der Töffel, der ist ja immer so lecker.“ 
Während Michel dies schadenfroh kicherte, war er einem 
Weinstock, an dem prächtige Trauben hingen, immer näher ge¬ 
kommen. „Die Beeren! Groß wie Taubeneier“ — und während 
seine Augen den Töffel beobachteten, ob er nicht der Versuchung 
unterliegen werde, hatten Michels Finger eine Beere abgepflückt 
und in seinen Mund geschoben, dann — er wußte selbst 
nicht, wie es kam — lag die ganze Traube in seiner Hand 
und war bald in großer Hast verzehrt. Als es geschehen war, 
bekam Michel einen kleinen Schreck; aber bald faßte er sich 
wieder. „Ach was, wer hat es denn gesehen? Und einmal ist 
keinmal. Eine einzige Traube sich nehmen, ist gar kein Naschen. 
Also weiter!“ 
Nun hörte allmählich der schöne Garten auf, und da die Hitze 
etwas nachgelassen hatte, ging das Steigen munter vorwärts. Der 
hagere Töffel und Michel hielten fast gleichen Schritt, aber sie taten, 
als sähen sie einander nicht. Etwas hinterher trabte Jochen. Dicke 
Tropfen standen auf seiner Stirn, und es war sehr hart für ihn, 
seine Langsamkeit so aufgeben zu müssen. Aber was tut man 
nicht, um einen Schatz zu heben! Und wer ausgeht, einen Zauber¬ 
bann zu brechen, muß auf Abenteuer und Mühseligkeiten ge¬ 
faßt sein. 
Und wirklich begann nun eine neue Prüfung. Zwei winzig 
kleine Zwerge in erdbraunen Röckchen kamen plötzlich hinter den 
Büschen hervor. Sie hüpften in großer Geschwindigkeit vor den 
Wanderern einher und stießen boshafte Schimpfreden aus und spöt¬ 
tisches Gelächter. Töffel verwandte kein Auge vom dicken Michel, 
der immer roter im Gesicht ward, je weiter er schritt und je ärger 
das Schelten und Necken wurde. „Na, der Michel, der wird nun 
wohl bald zornig werden,“ dachte er, „der wird ja immer gleich so 
ärgerlich, und dann ist es mit dem Schatze nichts. Arg treiben's 
die Kobolde ja, das ist wahr; aber man muß sich eben beherrschen. 
Da! — ich dachte schon, der Michel würde wütend werden. — 
Nein, Michel, brauchst dich gar nicht so zu mühen, du bekommst 
den Schatz doch nicht.“ 
Er stieß einen kleinen Schrei aus. Einer der Zwerge hatte 
ihn tüchtig in das Bein gezwackt. Da faßte den Töffel ein großer 
Zorn. Er hob seinen Wanderstecken und stürzte auf den Kobold
	        
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