Full text: [Teil 3 = Klasse 7 (4. Schuljahr), [Schülerband]] (Teil 3 = Klasse 7 (4. Schuljahr), [Schülerband])

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44. Sneewittchen. 
1. 
Es war einmal mitten im Winter, und die Schneeflocken fielen 
wie Federn vom Himmel herab, da faß eine Königin an einem 
Fenster, das einen Rahmen von schwarzem Ebenholz hatte, und 
nähte. Und wie sie so nähte und nach dem Schnee aufblickte, 
stach sie sich mit der Nadel in den Finger, und es fielen drei Tropfen 
Blut in den Schnee. Und weil das Rote im weißen Schnee so 
schön aussah, dachte sie bei sich: „Hätt' ich ein Kind so weiß 
wie Schnee, so rot wie Blut und so schwarz wie das Holz an dem 
Nahmen!" Bald darauf bekam sie ein Töchterlein, das war so weiß 
wie Schnee, so rot wie Blut und so schwarzhaarig wie Ebenholz 
und ward darum das Sneewittchen (Schneeweißchen) genannt. 
Und wie das Kind geboren war, starb die Königin. 
Über ein Jahr nahm sich der König eine andere Gemahlin. 
Es war eine schöne Frau; aber sie war stolz und übermütig und 
konnte nicht leiden, daß sie an Schönheit von jemand sollte über¬ 
troffen werden. Sie hatte einen wunderbaren Spiegel: wenn 
sie vor den trat und sich darin beschaute, sprach sie: 
„Spieglein, Spieglein an der Wand, 
Wer ist die Schönste im ganzen Land?" 
Und da antwortete der Spiegel: 
„Frau Königin, Ihr seid die Schönste im Land." 
Da war sie zufrieden, denn sie wußte, daß der Spiegel die 
Wahrheit sagte. 
Sneewittchen aber wuchs heran und wurde immer schöner, und 
als es sieben Jahre alt war, war es so schön wie der klare Tag 
und schöner als die Königin selbst. Als diese einmal ihren Spiegel 
fragte: 
„Spieglein, Spieglein an der Wand, 
Wer ist die Schönste im ganzen Land?" 
so antwortete er: 
„Frau Königin, Ihr seid die Schönste hier, 
Aber Sneewittchen ist tausendmal schöner als Ihr." 
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